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Kaugummi

Kaugummi kauen ist eine sehr alte Sitte

Auf allen Kontinenten der Erde, in allen Kulturen, über alle Epochen hinweg - Kaugummi gehört zum Alltag der Menschen.

Den bislang ältesten Kaugummi der Welt fanden Archäologen bei Ausgrabungen einer 9.000 Jahre alten Siedlung in Südschweden. Der älteste deutsche Kaugummi ist über 7.000 Jahre alt und besteht aus einem Stück Birkenpech. Sächsische Archäologen entdeckten den Steinzeit-Kaugummi im Frühjahr 2009 bei Ausgrabungen am Flughafen Leipzig/Halle.

100 Kaugummis kaut jeder Deutsche im Schnitt pro Jahr und laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) kauften die Deutschen im Jahr 2014 Kaugummi im Wert von rund 650 Millionen Euro. Fast 15 Millionen Deutsche kauen dabei täglich oder mehrmals pro Woche Kaugummi. Weltweit werden ca. 580.000 Tonnen Kaugummis im Jahr konsumiert.

Kauen soll angeblich die Gehirnleistung steigern, die Verdauung anregen, die Zähne pflegen oder bleichen und sogar helfen, mit dem Rauchen aufzuhören. Das mag mal stimmen und mal nicht - sicher ist jedoch, dass in den meisten Kaugummis zweifelhafte Inhaltsstoffe stecken.

Wer den Kaugummi wirklich erfunden hat, ist schwer zu sagen. Eins ist jedoch sicher: Kaugummi kauen ist eine sehr alte Sitte. Aus archäologischen Funden weiß man, dass schon in der Steinzeit bestimmte Baumharze gekaut wurden. Auch die Ägypter sollen schon vor 3.500 Jahren einen Mix aus Melone, Myrrhe und Weihrauch gekaut haben. Dieses Material wurde vermutlich nur gekaut, um es weich zu machen. Ähnliche Funde sind aus Süddeutschland und der Schweiz belegt.

Als die Spanier im 16. Jahrhundert auf die zentralamerikanischen Ureinwohner trafen, hatte das Kauen von "tzicli" oder "chictli" bei den Mayas und den Azteken bereits lange Tradition. Wie ältere Ausgrabungen zeigen, waren es die Mayas, die das Kauen auf dem Harz des Sapodilla-Baumes entdeckten. Bereits Columbus brachte von seiner Entdeckungsreise einen dicken Klumpen dieses begehrten Gummis mit nach Hause. Chicle, so die spanische Variante des Nahuatl-Wortes, wird aus dem Latexsaft des Sapotill- oder Breiapfelbaumes (Manilkara zapota) gewonnen, den die Indios außerdem wegen seiner süßen Früchte (Sapotille) schätzten. Sapodilla-Bäume werden bis zu 1 Meter dick und fast 40 Meter hoch, sie gedeihen nur im feuchtwarmen Klima des tropischen Regenwaldes und können nur alle 6-8 Jahre "gemolken" werden.

Der erste Kaugummifabrikant war der Seemann John Curtis Jackson aus den USA. Er kam als erster auf die Idee, dem Kaugummi Geschmack zu verleihen und ihn in größeren Mengen herzustellen. Dazu verwendete er ein indianisches Rezept mit Fichtenharz als Grundstoff. 1848 begann er mit der Produktion seines Kaugummis und war auf Anhieb erfolgreich. Wegen des Mangels an Sapodilla verwendete er das aus Rohöl gewonnene Paraffin als idealen Ersatz für das Sapodilla-Harz. Jackson brachte als erster einen auf künstlicher Basis hergestellten Kaugummi auf den Markt.

Der ganz große Durchbruch jedoch gelang erst dem New Yorker Erfinder Thomas Adams. Er brachte Latex als Alternative zu den damals beliebten Kauriegeln aus Paraffinwachs auf den Markt. Der Kaugummi war sozusagen ein Abfallprodukt seines Erfindergeistes. Dann entwickelte er einen Kaugummi, der mit Harz des Sassafras (auch Fenchelholzbaum) aromatisiert wurde. Darauf brachte er den "Black Jack" auf den Markt, einen Kaugummi mit Lakritzgeschmack, welcher binnen kürzester Zeit zum Erfolgsschlager wurde und sich fast 100 Jahre lang auf dem Markt hielt.

Die ersten Chicle-Kugeln von Adams waren geschmacklos, kosteten einen Penny und wurden 1871 in einem Drugstore in Hoboken, New Jersey verkauft.

Wrigley größter Kaugummiproduzent

Der hierzulande bekannteste und weltweit größte Hersteller von Kaugummis ist Wrigley. William Wrigley Senior war Seifenhersteller in Philadelphia. Sein Sohn stieg 1890 in die Firma seines Vaters ein und entwickelte sich zum Verkaufstalent. Sein größter Erfolg wurde der Verkauf von Kaugummis, so dass er 1890 bereits sein erstes eigenes Kaugummiwerk gründete. 1892 stellte er Wrigley's Spearmint her und ein Jahr später Juicy Fruit, der schnell zur beliebtesten Sorte Amerikas wurde.

Bubble Gum, die Kaugummis mit denen man Ballons blasen kann, wurden erst 1928 aus der Wiege gehoben. Walter E. Diemer, einem einfachen Buchhalter, der als passionierter Kaugummi Kauer gerne experimentierte, haben wir diese Erfindung zu verdanken. Er erhöhte die Elastizität des Kaugummis durch Zusatz von bestimmten Farbstoffen derart, dass man mit dem neuen Kaugummi riesige Blasen machen kann.

Mit dem zweiten Weltkrieg eroberte schließlich auch der Kaugummi Europa. Die GI's wurden bereits im ersten Weltkrieg mit Kaugummi versorgt. Als 1939 Professor H. L. Hollingworth von der Columbia Universität herausfand, dass kauen nicht nur entspannend wirkt, sondern auch die Konzentrationsfähigkeit steigert, versorgten die USA ihre Soldaten im 2. Weltkrieg so reichlich mit Kaugummi, dass der Stoff in der Heimat knapp wurde.

1950 kam der erste zuckerfreie Kaugummi auf den Markt. Heute gibt es Kaugummis in allen nur denkbaren Variationen: vom Zahnpflege-Kaugummi über Kaugummi als Arzneimittel bis hin zum Energy Gum. In unserer Alltagswelt ist der Kaugummi nicht mehr wegzudenken.

Kaugummi - ein riesiges Reinigungsproblem

Handelsüblicher Kaugummi ist nicht biologisch abbaubar. Wenn ein Kaugummi weggeworfen wird, bleibt er auf der Straße, Kleidung, Schuhe etc. kleben und es dauert meist mehrere Jahre, bis er zerfällt. Deshalb stellen Kaugummis ein großes Problem für Reinigungskräfte dar. Sie lassen sich nicht mit einfachen Mitteln wie Fegen oder Bürsten entfernen. Die Stadt Köln zum Beispiel entfernt Kaugummireste mit einem Spezialgerät, das unter Heißdampf und mittels umweltverträglicher Tenside die eingetrockneten Reste bearbeitet, so dass diese anschließend durch Bürsten entfernt werden können. Bußgelder für das Ausspucken eines Kaugummis werden in immer mehr Städten verhängt, z.B. verhängt Köln hier Bußgelder von 35 bis 50 €.

Kaugummi aus synthetischen Rohstoffen

Moderne Kaugummis bestehen fast ausschließlich aus synthetischen Rohstoffen. Den "Gummi"-Anteil dieser Kaumasse bilden in aller Regel sogenannte künstliche "Polymere" aus der Kunststoffproduktion, wie Polyvinylether und Polyisobuten. Aus eng damit verwandten Substanzen werden beispielsweise auch Gummihandschuhe oder Klebstoff hergestellt. Wir kauen Kunststoffe. Und die sind nicht nur geschmacklich fragwürdig - sie sind vor allem auch ökologisch und gesundheitlich bedenklich. Denn genau wie andere Plastikprodukte ist auch Kaugummi biologisch nur schwer abbaubar.

Kaugummi mit bedenklichen Substanzen

Neben der Kaumasse aus Kunststoff enthalten die meisten Kaugummis Zucker oder Zuckerersatzstoffe, Weichmacher, Verdickungsmittel, Emulgatoren, Antioxidationsmittel, künstliche Farbstoffe und Aromen. Auf den Inhaltsstofflisten vieler Kaugummis finden sich bedenkliche Substanzen. Da ist beispielsweise der Stabilisator Harnstoff/Carbamid (E 927b), der gleichzeitig als wichtiges Stickstoffdüngemittel verwendet wird. Der Emulgator (Soja-)Lecithin, der oft mittels Gentechnik hergestellt wird. Und verschiedene synthetische Süßstoffe - etwa Aspartam, dessen gesundheitliche Auswirkungen immer wieder kontrovers diskutiert werden.

Der Körper kann Kaugummis weder verdauen noch abbauen. Wer also einen Kaugummi verschluckt, scheidet ihn unverdaut wieder aus. Oft enthalten Kaugummis verschiedene Zusatzstoffe, um einen angenehmen Geschmack zu erzeugen. Doch nicht alle Zusatzstoffe sind in hohen Dosen für jeden bekömmlich. Die möglichen Folgen sind Bauchschmerzen und das Entstehen von Intoleranzen. Letzteres kommt vor allem zustande, wenn der Zuckerersatzstoff Sorbit in Kaugummis enthalten ist. Werden solche Kaugummis übermäßig gekaut, kann eine Fruktoseintoleranz entstehen. Außerdem kann übermäßiges Kaugummikauen Blähungen und Durchfall verursachen.

Alternative Öko-Kaugummi

Manche Kaugummi-Fans schauen sich deshalb inzwischen nach Alternativen um. Die gibt es seit einiger Zeit in Bioläden und Supermärkten: Öko-Kaugummi enthält ausschließlich natürliche Stoffe. Als Kaumasse wird hier sogenannter Chicle-Gummi verwendet eine andere Bezeichnung für Naturkautschuk. Chicle-Gummi wird aus dem Saft des Breiapfelbaumes gewonnen, auch "Kaugummi-Baum" genannt. Er wächst vornehmlich in Mittelamerika. Früher - das heißt, bis in die 40er Jahre hinein - waren alle Kaugummis aus Naturkautschuk gemacht.

Er hat eine grau-braune Farbe und von Natur aus einen leicht würzigen, an Zimt erinnernden Geschmack. Dementsprechend schmecken auch die Öko-Kaugummis etwas anders als die herkömmlichen. Und sie verhalten sich anders im Mund: erst durch längeres Kauen bekommen sie die Kaugummi-typische geschmeidige Konsistenz, Blasen machen kann man mit ihnen nicht. Aber sie sind eben rein natürlich - und sie schaden der Umwelt nicht, denn sie zersetzen sich nach dem Kauen wie totes Laub.

Wussten Sie schon, dass

  • der Kaugummi ca. 35 Prozent des Umsatzes des gesamten Süßwaren-Ertrages erzielt und somit nach wie vor die Nr. 1 in der Branche ist?
  • Die größte Kaugummi-Sammlung der Welt ca. 2800 unterschiedliche Kaugummi-Päckchen, mit Geschmacksrichtungen von Ginseng, Kaffee, Rosenblüte bis zu Fichtennadel oder Knoblauch umfasst?
  • den größten Verbrauch (2006) von Kaugummis nach wie vor die Amerikaner mit 175 Päckchen pro Jahr pro Person haben? Deutschland liegt mit 100 Kaugummis an sechster Stelle im internationalen Vergleich.
  • durch die ständige Mundbewegung des Kaugummi-Kauens sich der Herzschlag erhöht und dadurch mehr Sauerstoff ins Gehirn gelangt? Somit arbeitet das Gedächtnis besser und effektiver.
  • Astronauten der Mission Gemini IV 1965 als erste Menschen Kaugummis mit in den Weltraum nahmen?
  • Pfefferminz-Kaugummis zusätzlich beim Abnehmen helfen? Der Appetit auf süße oder würzige Speisen wird durch den Pfefferminz-Kaugummi deutlich gemindert. Die besonders starken Pfefferminzaromen sind der Grund für ein gemindertes Bedürfnis, etwas zu essen.
  • die "kaustärkste" Altersgruppe von Kaugummis zwischen 14 und 19 Jahren liegt, deren jährlicher verbraucht beträgt ca. 2,5 kg pro Jahr und Person? Erwachsene bevorzugen eher die "Nutzkaugummis", also z.B. Zahnpflege-Kaugummis und Anti-Raucher-Kaugummis.


Autor: VHSt, kau-gummi.de

HBZ · 03/2016
 
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