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Hamburger Kunsthalle 27. Mai bis 4. September 2016

Mitteilungen zur Manet Ausstellung

Édouard Manet (geb.1832) setzte sich nach einigen Querelen und fehlgeschlagenen Kompromissen über die Berufspläne seiner Familie für ihn hinweg und, statt nach der dringlichen Empfehlung und dem Beispiel seines Vaters eine sichere Karriere im Staatsdienst anzustreben, begann er eine Malerlaufbahn.

Zunächst besuchte er gewissenhaft - 6 Jahre lang, wohl mit einem kleinen elterlichen Zuschuss ausgestattet - das Atelier des damals angesehenen Malers Thomas Couture, entwickelte dann aber einen neuen Malstil. Mit diesem näherte er sich seinen jungen Kollegen an oder ging ihnen voraus: Anders als die anerkannten Maler der Akademien, deren historische und mythologische Themen, dargestellt in perfekter Perspektive und Helldunkeltönungen, die Gemälde schon vorgesehen für den breiten Goldrahmen im roten Plüsch prächtiger Wohnungen, wollte diese junge Generation aktuell sein: Ihren "normalen" Alltag, ihre Eindrücke der sich rasant wandelnden Umwelt um 1850, zwiespältige Erfahrungen mit Angehörigen verschiedener Gesellschaftsschichten, wollten sie in hellen und grellen Farben beleuchten und neue künstlerische Methoden (z.B. im Farbauftrag) ausprobieren.

Ebenso wenig wie diese sich in baufälligen Behausungen für die jährlichen "Salons" abmühenden jungen Hungerkünstler (vergl. Emile Zolas Roman "Das Werk") hatte Manet Erfolg. Eine kleine Hoffnung bedeutete es schon, wenn man in den mit kaiserlicher Gunst (Napoleon III) gegründeten "Salon der Abgelehnten" aufgenommen wurde. Hierher scheint das Publikum, darunter auch geschmackskonforme Kritiker, vor allem gekommen zu sein, um sich schockieren und amüsieren zu lassen. Insbesondere Manet's Arbeiten boten ihnen Anlass, dessen 1863 eingereichtes "Frühstück im Freien" (Eine nackte Frau und eine badende im Hintergrund befinden sich in Gesellschaft zweier gut gekleideter Herren, die, nach Aussehen der Kopfbedeckung des einen, Maler sein könnten, in offenbar zwangloser Unterhaltung auf einer Waldwiese. Im Vordergrund links die Reste eines Picknicks. Seine Unordentlichkeit hätte an alte Stilleben mit ihrem Vergänglichkeits-Signal erinnern können, aber man scheint nur Augen für die sitzende Nackte ("Haha, im Freien, die sitzt im Freien", s.o. Zola "Das Werk") gehabt zu haben. Allerdings fühlte man sich durch die leuchtende Haut, die ungeschönte, "normale" Haltung und den ungenierten Blick der Frau, vielleicht eines Modells, provoziert.

Noch sachlicher blickt die ebenfalls 1863 gemalte "Olympia" auf die Betrachter. Auf heller Bettwäsche (Weiß-Nuancen interessierten die Impressionisten, die Manet als Leitfigur ansahen, später besonders) liegt ein junges Mädchen in der Haltung der vielen damaligen Kunstkennern bekannten Tizianischen "Venus von Urbino". Im Unterschied zu dieser, die, zumindestens als Modell, vermutlich den gleichen Beruf hatte wie "Olympia", ist sie mit ihren modischen Beigaben, z.B. dem Samtband um den kurzen Hals, keine Beschwörung des Ideals weiblicher Schönheit, sondern Abbild einer zeitgenössischen jungen Frau, die sich durchsetzen musste. Mit ihrem Blick hätte der damalige Betrachter sich auseinandersetzen können, statt wütend zu werden.

Das gilt genauso für ein Glanzstück der Hamburger Kunsthalle, die berühmte, halbbekleidete "Nana" (ab 1867 gemalt), die gewissermaßen "gefangen" ist in den Attributen ihrer Umgebung: links ein Leuchter mit abgebrannten Kerzen (es ist Morgen, aber die Kerzen auch ein altes Vergänglichkeitssymbol!), dicht hinter ihr ein Kissenbesetztes rotes Sofa, auf dem rechts, vom Bildrand abgeschnitten, aber in gerader, selbstbewusster Haltung ein Herr mit Zylinder und Spazierstock in festem Griff sitzt. Nana wendet ihm zwar ihren molligen Rücken zu, aber ausweichen könnte sie all diesem nur nach vorn ins Ungewisse, in Richtung der Betrachter, wohin sie ihrem Blick schickt.

Sehr wohl verstanden hat das Beklemmende solcher Lage ein Schriftsteller, der in seinem Werk eindringlich die gesellschaftlichen Zustände und Umwälzungen seiner in manchem der unseren vergleichbaren Gegenwart geschildert hat: Emile Zola ( 1840 - 1902). Innerhalb seiner Beschreibungen der Kunst-Salons von 1866 bis 1896 (dt. 2. Aufl. 1994, Beltz Verlag, Frf./M. ISBN 3-89547-025- 2) widmet er Manet 1867 ein eigenes Kapitel, in dem er dessen wahrhaftige "Kühnheit" und "naive" Malweise rühmt (das Urteil "naiv" wäre zu untersuchen) und gegen die allgemeinen Anschmutzungen seine Liebenswürdigkeit und sein "vornehmes Verhalten" hervorhebt. Zola schrieb auch den Roman "Nana", später entstanden als Manet's Gemälde, m.E. weniger interessant als der Impressionisten- Roman "Das Werk", aber bekannt und mehrfach verfilmt.

Manet und Zola freundeten sich an. Manets Portrait "Emile Zola" von 1868 wird hoffentlich in der Ausstellung zu sehen sein. Ebenso erscheint sicher ein umfangreicher Katalog. Auf Zolas Schriften sei zusätzlich nachdrücklich verwiesen.

Autor: VHSt
Fotos: Edouard Manet, Fotograf Félix Nadar, wikipedia

HBZ · 05/2016
 
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