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Symbol für Phantastisches und Unglaubliches

Der Baron von Münchhausen!

Weltweit steht der Freiherr von Münchhausen als Symbol für Phantastisches und Unglaubliches. Vielen Menschen ist der 'Baron von Münchhausen' als literarische Figur und als Filmheld geläufig, weniger bekannt ist jedoch die historische Person.

Seinen interessanten Lebensweg und seine unglaublichen Geschichten erfahren Sie im Münchhausen-Museum Bodenwerder. Bilder und Dokumente sowie Exponate aus seinem Besitz versetzen den Besucher in die unglaubliche Vergangenheit. Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Buch, das den Baron von Münchhausen weltberühmt und unsterblich gemacht hat. Über 1150 Buchausgaben in 47 Sprachen und Illustrationen aus zwei Jahrhunderten belegen die weltweite und zeitlose Faszination der Geschichten für Menschen jeden Alters.

Wer war Münchhausen wirklich?

Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen wurde am 11. Mai 1720 in Bodenwerder geboren. Er war eines von acht Kindern des Oberstleutnants der Kavallerie Georg Otto von Münchhausen (1682-1724), Gutsherr auf Rinteln und Bodenwerder. Als sein Vater starb, war Hieronymus erst vier Jahre alt; seine Mutter, Sibylle Wilhelmine von Reden aus Hastenbeck (1689-1741), hat ihn erzogen. Einem adeligen Brauch folgend, ging Hieronymus im Alter von 13 Jahren an den braunschweigischen Hof nach Wolfenbüttel.

Dort wurde er 1737 Page von Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, dem künftigen Gemahl der Anna Leopoldowna, einer Nichte und designierten Nachfolgerin von Zarin Anna von Russland. Anton Ulrich sollte sich in der russischen Aristokratie bewähren, weilte bereits in Sankt Petersburg und diente im Militär. Münchhausen reiste im Dezember 1737 nach Russland, wo er im Februar 1738 ankam. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er noch im selben Monat seinem Herrn in den Russisch-Österreichischen Türkenkrieg (1736-1739) gefolgt. Einige der ihm zugeschriebenen Lügengeschichten beruhen auf diesen kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Lügengeschichte vom berühmten "Ritt auf der Kanonenkugel" hat wahrscheinlich die Belagerung der osmanischen Krim-Festung Otschakow durch den russischen Oberbefehlshaber von Münnich zum Hintergrund.

Im Dienste der russischen Zarin

1739 wurde Münchhausen von der Zarin Anna Iwanowna zum Fähnrich der russischen "Braunschweig-Kürassiere" ernannt, dessen Regimentschef Anton Ulrich war. Die Kürassiere lagen in Riga in Garnison und nahmen in der Folge wohl mit Münchhausen am Russisch-Schwedischen Krieg (1741-1743) teil. 1740 wurde Münchhausen zum Leutnant befördert. Seine Karriere versprach unter seinem Patron glänzend zu verlaufen, denn im selben Jahr wurde - nach dem Tode der Zarin Anna - der soeben erst geborene Sohn Anton Ulrichs als Iwan VI. zum Zaren von Russland ernannt. Doch endeten alle Hoffnungen der Welfen und ihrer Entourage jäh durch einen gewaltsamen Thronwechsel, als Annas Cousine Elisabeth, Tochter Peters des Großen, 1741 den einjährigen Iwan stürzte und ihn und seine Familie für lange Jahre in Gefangenschaft nahm.

Münchhausens Leben wurde seitdem von Anton Ulrichs Schicksal überschattet. Zwar überstand er den Umsturz heil - vermutlich, weil er zu dieser Zeit in Finnland kämpfte -, aber aus seiner soeben erst begonnenen Karriere wurde nichts: Die weitere Beförderung zum Rittmeister ließ ein ganzes Jahrzehnt - bis 1750 - auf sich warten. Die Garnisonstadt Riga wurde in diesen Jahren hauptsächlich sein Aufenthaltsort. Diese Rigaer Jahre beeinflussten wohl seine Fähigkeiten als Erzähler, denn in den deutsch-baltischen adligen Freundeskreisen wurde gerne ausgiebig und phantasievoll erzählt.

Von seinem Freund, dem baltischen Landadligen Georg Gustav von Dunten, wurde er wiederholt auf dessen Landgut nahe dem damals livländischen, jetzt lettischen Ort Ruthern (Dunte) eingeladen, wo beide der Entenjagd nachgingen. In einer Schenke der Stadt soll sich Münchhausen erstmals als Geschichtenerzähler betätigt haben.

Auf von Duntens Landgut lernte der Baron auch dessen Tochter Jacobine von Dunten kennen, die er dann am 2. Februar 1744 in der Kirche des nahegelegenen Dorfes Pernigel (Liepupe) heiratete.

Nach Ausbildung und Karriere im Dienste der russischen Zarin nahm Münchhausen 1750 seinen Abschied und kehrte nach Deutschland zurück. Hier verlebte er mit seiner Frau weitere 40 glückliche, jedoch kinderlose Jahre auf dem ererbten Gut in Bodenwerder an der Weser. Er führte das Leben eines Landedelmannes, der sein Gut bestellt, geselligen Verkehr mit seinen Gutsnachbarn pflegt und dessen liebster Zeitvertrieb die Jagd ist. Im Freundeskreis begann sein Erzähltalent allmählich berühmt zu werden. Gäste kamen nach Bodenwerder, auch von weit her, um fabelhafte Geschichten zu hören.

Das Münchhausen-Buch - ein Weltbestseller

Ein gelegentlicher Gast in Bodenwerder, der Universalgelehrte und Kustos Rudolf Erich Raspe, stahl - um Schulden zu begleichen - 1774 Münzen aus den landgräflichen Sammlungen in Kassel. Der Diebstahl wurde entdeckt, Raspe floh nach England.

Um Geld zu beschaffen, veröffentlichte er 1785 in London eine Reihe von Anekdoten und Reiseabenteuern unter Münchhausens Namen, nachdem bereits 1761 Graf Lynar und 1781 ein anonymer Autor erste Münchhausiaden publiziert hatten. Raspes Buch wurde ein ungeheurer Erfolg und zog vier stets erweiterte Neuauflagen nach sich. 1786 wurden diese Geschichten von Gottfried August Bürger ins Deutsche übersetzt und dabei nochmals um viele Abenteuergeschichten vermehrt. Diese Publikationen machten Hieronymus von Münchhausen zwar weltberühmt, brachten ihm jedoch den Ruf als "Lügenbaron" ein und gaben ihn - in seinen Augen - der Lächerlichkeit preis.

Seine letzten Jahre

Nach dem Tod seiner Frau 1790 warb der alte Münchhausen um sein Patenkind, die erst 17-jährige Tochter des Majors von Brunn aus Polle: Am 12. Januar 1794 ehelichte er die 20-jährige Bernhardine Brunsig von Brunn. Schon kurz nach der Hochzeit kam es zu schlimmen Zerwürfnissen. Wegen ehelicher Untreue reichte der 73-jährige Baron die Scheidung ein. In einem drei Jahre lang andauernden und aufsehenerregenden, ruinösen Scheidungsprozess endete die Ehe. Der Baron verlor dadurch fast sein ganzes Vermögen. 1794 musste er daher das Gut Bodenwerder formell an seinen Neffen Wilhelm abtreten, blieb jedoch dort wohnhaft. Der Ärger darüber vergällte ihm, neben dem späten Eheabenteuer und dem nachfolgenden Ruin, den Rest seiner Jahre. Münchhausen verstarb am 22. Februar 1797 und wurde in der über 1000jährigen Klosterkirche zu Bodenwerder-Kemnade beigesetzt.

Die Lügengeschichten - sein Ruf als Lügenbaron

Bereits zu Lebzeiten rühmte man ihn über die Landesgrenzen hinaus als brillanten, humorvollen Erzähler. Die Autoren der englischen (1785 von Erich Raspe) und deutschen (1786 von G.A. Bürger) Buchausgabe und verhalfen dem Freiherrn von Münchhausen damit zu Weltruhm und Unsterblichkeit.

Die dem Baron zugeschriebenen Erzählungen gehören in die Tradition der Lügengeschichten, die weit in die Literatur des klassischen Altertums (Lukian von Samosata: Vera historia), das talmudische Judentum und das frühe orientalische Erzählgut zurückreicht und von den humanistischen Fazetien- und Schwank-Sammlungen des 15. und 16. Jahrhunderts in Deutschland fortgeführt wurde.

Dem Baron werden von den verschiedenen Autoren insgesamt weit über hundert Geschichten zugeschrieben. Zu den bekanntesten zählen unter anderem:

  • Münchhausen bindet sein Pferd nachts an einen - wie er glaubt - Pfahl an, der aber in Wirklichkeit die Spitze des Wetterhahns eines Kirchturms ist. Nach einer Schneeschmelze baumelt das Pferd am Kirchturm. Da schießt Münchhausen mit seiner Pistole den Halfterriemen durch, so dass das Pferd herunterfällt und er seine Reise fortsetzen kann.
  • Münchhausen fängt mit an eine Leine gebundenen Speckstückchen Enten, die dann aber aufflattern und ihn durch die Luft tragen.
  • Münchhausen schießt einem Hirsch eine Ladung Kirschkerne auf den Kopf, worauf in dessen Geweih ein Baum entsprießt.
  • Münchhausen jagt einen achtbeinigen Hasen.
  • Münchhausens Pferd wird durch ein Torgatter zweigeteilt. Während der Baron unwissend mit der vorderen Hälfte zur Tränke reitet, vergnügt sich die hintere auf der Wiese mit Stuten.
  • Münchhausen reitet auf einer Kanonenkugel über eine belagerte Stadt, inspiziert die feindlichen Stellungen und steigt kurzerhand auf eine in die Gegenrichtung fliegende Kugel um.
  • Münchhausen zieht sich samt Pferd am eigenen Schopf aus dem Sumpf.
  • Münchhausen wirft seine silberne Axt so weit, dass sie auf dem Mond landet. Mittels einer Bohnenranke steigt er hinauf, um sie zu holen.
  • Münchhausens schnellfüßiger Diener holt dem Sultan binnen einer Stunde eine Flasche Tokajer von Wien nach Konstantinopel.

Einem Großteil der Geschichten ist gemeinsam, dass ihr Witz darin liegt, physikalische oder biologische Möglichkeiten ad absurdum zu führen. Der Baron von Münchhausen schätzte das Buch, das noch zu seinen Lebzeiten erschien, keineswegs. Sah er sich doch seiner Geschichten und unverwechselbaren Fabulierkunst beraubt.

Autor: VHSt (Quelle: Münchhausen Museum Bodenwerder)
Fotos: Dietrich Severin

HBZ · 10/2016
 
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