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Kennen Sie noch das Lied und die Melodie?

Maikäfer flieg ...

'Maikäfer, flieg. Der Vater ist im Krieg. Die Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt. Maikäfer, flieg'.

Ist es nicht ein seltsames Lied? Nichts passt zusammen: Zum einem die liebliche Wiegenlied- Melodie, zum anderen das nüchtern erzählte Grauen: Vater im Krieg. Mutter - wer weiß, wo. Alles weg und zerstört. Nur das Kind ist da - und singt. Um sich selbst zu trösten? Wie lange schon? Laut Umfragen des Allensbach-Instituts, zuletzt von 1999, kennen zwei von drei Deutschen das Maikäfer-Lied. Dabei ist der letzte Krieg auf deutschem Boden schon über siebzig Jahre her. Auch Maikäferschwärme sind selten geworden. So viele Kinderlieder geraten mit der Zeit in Vergessenheit. Dieses nicht. Warum?

Wer heute in Dresden, Hamburg oder Berlin auf die Straße geht, abseits der Touristenströme, und Passanten fragt: "Kennen Sie das Maikäfer- Lied?", bekommt nicht immer eine Antwort, denn Umfragen nerven. Aber erstaunlich viele Leute bleiben dann doch kurz stehen und überlegen. Von den über 50-Jährigen sagt sogar jeder Zweite spontan ja. Einige singen auch gleich auf offener Straße. Auch bei den Jüngeren - viel Kopfnicken, obwohl man hier öfter helfen, die erste Zeile ansingen muss, damit es klick macht. Manche Passanten wirken regelrecht überrascht, dass sie das Lied weitersingen können. Aber sie können es.

Ein paar wenige erinnern sich auch noch, wer es ihnen beibrachte: die Oma, die es in der Küche sang. Das Kindermädchen. Richard, der Nachbarsjunge. Papa, beim Spaziergang durch das zerstörte Wuppertal. Oder einfach nur die Kinder auf der Straße, mit denen man einen Frühlingsabend lang Maikäfer in Schuhkartons sammelte.

Nur beim Alter des Liedes herrscht allgemeine Ratlosigkeit. Die meisten Passanten schätzen es auf etwa hundert Jahre, entstanden während des Ersten Weltkriegs - oder im Zweiten? Eine renommierte Erinnerungsforscherin meint, es enthalte ein Rätsel und der Lyrikforscher Heinz Schlaffer erklärt, das Lied wende sich an einen Maikäfer. Ihm, dem Käfer, erzählt ein anonymes lyrisches Ich von der Abwesenheit beider Eltern. Es wird nicht klar, was genau mit den Eltern passiert ist. Ob sie zurückkehren, scheint mehr als fraglich. Die Rolle der Sängerin oder des Sängers stellt man sich wohl am besten als die eines älteren Kindes vor, das ein jüngeres zu trösten sucht, nachdem beide Eltern verschollen sind. Beeindruckend die Trostlosigkeit im Trost - der hier völlig hoffnungslose Mai."

"Das Lied besitzt eine tiefe Paradoxie", erklärt ein anderer Wissenschaftler: Die Melodie (die gleiche übrigens wie die bei "Schlaf, Kindlein, schlaf") sei eine typische Wiegenlied-Melodie, sie soll beruhigen. Wie aber geht das zusammen mit dem Text des Maikäfer-Liedes - einer Erzählung über den Zustand der totalen Einsamkeit, einer Waisenkind-Geschichte? Gar nicht! Denn der Widerspruch zwischen dem bedrohlichen Text und der lieblichen Melodie verursache beim Hörer eine tiefe Unruhe. Instinktiv spüre man: "Hier passt was nicht zusammen."

Ein Blick in Wikipedia immerhin bringt die Behauptung, dass die früheste schriftliche Niederlegung des Liedes aus dem Jahr 1800 stamme, festgehalten in der ersten deutschen Sagensammlung wissenschaftlichen Anspruchs, den sogenannten "Volcks-Sagen".

Stammt das Lied aus dem Dreißigjährigen
Krieg?

Fazit des Lyrik-Spezialisten Heinz Schlaffers: "Die Maikäfer-Versleinform ist auf dem Niveau der deutschen Dichtungssprache etwa bis 1600. Das heißt, wahrscheinlich ist das Lied 350 Jahre alt, wenn nicht noch älter. Denn die Zeit der schwedischen Besetzung im Dreißigjährigen Krieg ist in Pommern ja allgegenwärtig gewesen.

Eine weitere These kommt zu dem Ergebnis, dass das Maikäfer-Lied ein Stück deutscher Kulturgeschichte ist, das "allumfänglich die historische Erfahrung der Menschen in Deutschland" in sich trage.

Maikäfer und Mensch

  • In Wilhelm Buschs Geschichte von Max und Moritz spielen die Maikäfer im 5. Kapitel als Streich bei Onkel Fritz eine wesentliche Rolle.
  • Das Märchen Peterchens Mondfahrt erzählt von einem Maikäfer, der mit zwei Menschenkindern eine abenteuerliche Reise besteht.
  • Reinhard Mey beschreibt in dem bekannten Lied Es gibt keine Maikäfer mehr (Album: Wie vor Jahr und Tag, 1974) die Folgen der massiven Bekämpfung der Maikäfer mit dem inzwischen verbotenen Insektizid DDT zwischen Anfang der 1950er Jahre und etwa 1972.

Vier Jahre Leben im Boden

Die Maikäfer gehören zur Familie der Blatthornkäfer, so genannt nach der Gestalt der Fühler, deren letzte Glieder blattförmig verbreiterte Lamellen aufweisen. Mit den bis zu 50.000 Geruchssensoren auf den Fühlerlamellen spüren die Männchen die paarungsbereiten Weibchen auf.

Nach der Begattung legen die Weibchen in mehreren Schüben ihre Eier ins lockere Erdreich ab. Dazu fliegen die Feldmaikäfer in offenes Gelände, während die Waldmaikäfer in der Nähe ihrer Fraßbäume verbleiben. Die als Engerlinge bekannten, bis fünf Zentimeter großen Maikäferlarven entwickeln sich - in unseren Breiten meist vier Jahre lang - vollständig im Boden und ernähren sich von Pflanzenwurzeln. Im Herbst des letzten Jahres wandeln sich die Engerlinge in die fertigen Jungkäfer. Sie überwintern bis zu einen Meter tief im Erdreich und schlüpfen dann ungefähr Ende April. Der so genannte Reifefraß bis zum Absterben der Käfer nach erfolgreicher Fortpflanzung dauert ungefähr sechs Wochen. Feldmaikäfer gehen dabei gerne auch an Obstbäume, während Waldmaikäfer Eichen, Buchen und Hainbuchen bevorzugen.

Die meisten kahl gefressenen Bäume erholen sich wieder und bilden mit dem so genannten Johannistrieb im Juni noch einmal neue Blätter. Verheerend dagegen kann der Wurzelfraß der Engerlinge sein. So stand denn in der Vergangenheit weniger die Faszination der gemütlichen Brummer im Vordergrund, als deren Bekämpfung. Die Methoden zeugten dabei oft von der Verzweiflung gegenüber dem Milliardenheer der Käfer. Im Jahr 1320 etwa befahl man den Maikäfern in Avignon per Gerichtsbeschluss, dass sie sich "binnen drei Tagen auf ein ihnen durch Tafeln bezeichnetes Feld zurückzuziehen hätten, woselbst Nahrung für sie vorhanden sei, und dass die Zuwiderhandelnden als vogelfrei behandelt und ausgerottet werden sollten".

Nahrhafte Maikäfersuppe

Für die menschliche Ernährung wurden Maikäfer ebenfalls genutzt - nicht nur in Notzeiten. Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Maikäfer nicht nur als Hühnerfutter genutzt, sondern fanden auch in der Küche Verwendung. In Frankreich und Teilen Deutschlands wurden sie geröstet und zu Maikäfersuppe verarbeitet. In Konditoreien waren sie verzuckert oder kandiert als Nachtisch zu haben.

Autor: VHSt (Quelle: faz.net/Wikipedia)

HBZ · 05/2017
 
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