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Intensivierter Kampf gegen Extremismus

Verfassungsschutzbericht 2016

Hamburgs Innensenator Andy Grote und der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Torsten Voß, haben den neuen Verfassungsschutzbericht vorgestellt. Ein Schwerpunkt der Arbeit des Hamburger Nachrichtendienstes war die Beobachtung der verschiedenen extremistischen Bestrebungen.

Islamismus / Salafismus

Die Beobachtung des Islamismus und hier insbesondere des Salafismus war ein Schwerpunkt der Arbeit des Verfassungsschutzes im vergangenen Jahr. So ist es mit Hilfe der Erkenntnisse des LfV gelungen, dass seit Ende Mai 2016 kein neuer salafistischer Info-Stand mehr in der City genehmigt wurde. Maßgeblich gestützt auf vom Hamburger Verfassungsschutz ermittelte Erkenntnisse konnte darüber hinaus am 15. November 2016 die hinter den Koranverteilungen stehende salafistische LIES!-Vereinigung ("Die wahre Religion") vom Bundesinnenminister verboten werden. Darüber hinaus ist es im April 2017 gelungen, zwei ausländische Extremisten in ihre Heimatländer abzuschieben.

Der extremistische Salafismus zählt deutschland- und europaweit nach wie vor zu den dynamischsten islamistischen Bestrebungen. So stieg die Zahl der Salafisten auch in Hamburg von 460 (Ende 2015) auf 670 (Ende 2016). Derzeit (Stand: 1. Juni 2017) werden rund 730 Personen der Szene zugerechnet, davon 365 Jihadisten (Salafisten, die den militanten Jihad unterstützen).

Neben den extremistischen Salafisten sind weitere islamistische Bestrebungen in Hamburg aktiv. So steht die an der Außenalster gelegene, als sogenannte "Blaue Moschee" bekannte, schiitische "Imam-Ali-Moschee" weiterhin im Fokus des Verfassungsschutzes. Trägerverein dieses Brückenkopfes des iranischen Regimes nach Deutschland und Europa ist das "Islamische Zentrum Hamburg" (IZH). Besucher und Funktionäre des IZH und der dazugehörigen Imam-Ali-Moschee unterstützten im Juli 2016 den israelfeindlichen "Quds-Tag" ("Jerusalem-Tag") in Berlin.

Hizb ut-Tahrir (HuT)

Ziel der seit 2003 verbotenen, weiterhin im Untergrund aktiven, gewaltorientierten HuT ist die "Vereinigung der weltweiten Ummah" (Gemeinschaft der Muslime) in einem Gottesstaat ohne nationale Grenzen unter der Führung eines Kalifen, der die Scharia als Grundlage und Maßstab staatlichen Handelns im Kalifat durchsetzen soll. Die westlichen Demokratien, insbesondere der Staat Israel, werden von der HuT als Hauptfeinde angesehen. Laut Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums vom 15. Januar 2003 richtet sich die Organisation gegen den Gedanken der Völkerverständigung und befürwortet Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele. Sie verbreite unter anderem antisemitische Hetzpropaganda und fordere zur Tötung von Juden auf. Die HuT ist ständig bemüht, ihren Mitgliederstamm zu erweitern. Als geeignete Plattformen haben sich hierzu Veranstaltungen in Moscheen, gezielte Ansprachen an Universitäten und Schulen, politische Diskussionen mit Islambezug sowie eigene Veranstaltungen wie zum Beispiel Fußballspiele erwiesen. Unter anfänglicher Verschleierung der Gruppenzugehörigkeit sowie durch den Aufbau freundschaftlicher Beziehungen und vielfältiger Hilfsangebote wird zunächst ein Vertrauensverhältnis geschaffen, das nach einer Vorauswahl geeigneter Kandidaten in eine gezielte Heranführung an die Ideologie der HuT mündet. Im Jahr 2016 versuchte die HuT, auch unter Flüchtlingen für sich zu werben. In Hamburg können der HuT nach wie vor etwa 120 Anhänger zugerechnet werden.

Linksextremismus

Die Zahl der Linksextremisten in Hamburg ist insgesamt etwa konstant geblieben: Im Jahr 2016 wurden rund 1.100 Personen diesem extremistischen Spektrum zugerechnet (2015: 1.090). Davon sind 650 Personen als gewaltorientiert einzustufen (2015: 620).

Die Zahl der in Hamburg insgesamt erfassten Straftaten im Rahmen der Politisch Motivierten Kriminalität Links ging mit 705 Taten im Vergleich zum Vorjahr zurück (2015: 944). Darin enthaltenen sind 165 linksextremistische Straftaten (2015: 252), davon 126 linksextremistische Gewaltdelikte (2015: 211). Ursache für diesen Rückgang waren weniger gewalttätig verlaufene, größere Versammlungen. Linksextremisten verübten auch 2016 insbesondere versammlungstypische Straftaten. Darüber hinaus waren sie für Sachbeschädigungen und Brandstiftungen verantwortlich und begründeten diese Straftaten mit verschiedenen Themen - insbesondere auch mit dem anstehenden G20-Gipfel (so genannte Resonanzstraftaten).

Gewaltorientierte Linksextremisten: Autonome, Antiimperialisten, Anarchisten

Zu den 650 gewaltorientierten Linksextremisten zählen unter anderem Autonome, Antiimperialisten und Anarchisten. Die Hamburger autonome Szene hat nach wie vor in der "Roten Flora" ihren wichtigsten Treffort. Zahlreiche seit Mai 2016 bundesweit, auch in Hamburg, verübte Sachbeschädigungen im Kontext des G20-Gipfels lassen aufgrund der Bekennerschreiben auf Täter aus der autonomen Szene schließen. Für den 6. Juli 2017 planen Autonome einen Demonstrationszug unter dem Tenor "G20 - Welcome to hell", an dem nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden auch zahlreiche gewaltbereite Demonstranten teilnehmen werden.

Die antiimperialistische Szene Hamburgs verzeichnet seit mehreren Jahren deutliche Zuläufe und gesteigerte Aktivitäten. Ein Teil der gut 110 Hamburger Antiimperialisten trifft sich regelmäßig im "Internationalen Zentrum" an der Brigittenstraße 5 (B5).

"Roter Aufbau Hamburg"

Der zu den Antiimperialisten zählende "Rote Aufbau Hamburg" (RAH, ehemals Rote Szene Hamburg) ist eine gewaltorientierte, sich am totalitären kommunistischen Weltbild orientierende linksextremistische Gruppierung. Der RAH ist maßgeblicher Initiator der gegen das G20-Treffen gerichteten Versammlung "Revolutionäre Anti-G20-Demo, G20 entern - Kapitalismus versenken!" am 7. Juli 2017, die sich ebenfalls an das militante Spektrum richtet. Führender Aktivist des RAH ist Halil S., der auch unter dem Pseudonym "Deniz Ergün" in der Öffentlichkeit als Sprecher auftritt.

"Interventionistische Linke"

Eine weitere, auch in Hamburg aktive gewaltorientierte Gruppierung ist die "Interventionistische Linke" (IL), deren totalitäre Ideologie unvereinbar mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist. Die IL versucht, über gezielte Bündnisarbeit mit Nicht-Extremisten die Anschlussfähigkeit über linksextremistische Strukturen hinaus zu gewährleisten. Im Jahr 2016 brachte sie sich in die beginnende Mobilisierung gegen den G20 Gipfel in Hamburg ein und intensivierte dieses Engagement im Frühjahr 2017. Die IL ist mit an der für den 8. Juli 2017 geplanten Großdemonstration "G20 Not Welcome" beteiligt.

Rechtsextremismus

Auch in der Bekämpfung des Rechtsextremismus hat der Hamburger Verfassungsschutz 2016 zusätzliche Schwerpunkte gesetzt. Die völkisch-nationalistische "Identitäre Bewegung" ist im Jahr 2016 verstärkt in Hamburg aktiv geworden und wird seitdem vom Verfassungsschutz beobachtet. Zudem sind unter den ebenfalls seit 2016 stärker agierenden "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" auch Personen mit rechtsextremistischen Bezügen zu verzeichnen. Die gewaltorientierte Gruppierung "Weisse Wölfe Terrorcrew" konnte am 16. März 2016 unter maßgeblicher Mitwirkung der Hamburger Innenbehörde vom Bundesinnenminister verboten werden.

Die Gesamtzahl der Personen in Hamburg, die rechtsextremistischen Organisationen und Gruppen angehören, lag im Jahr 2016 bei 320 (2015: 330).

Die Mitgliederzahlen der NPD gingen bundesweit zurück. Der Hamburger Landesverband hatte im Jahr 2016 etwa 100 Mitglieder (2015: 130). Der "Kameradenkreis Neonazis in Hamburg" war im Jahr 2016 nicht mehr aktiv; der gewaltorientierten neonazistischen Gruppierung "Weisse Wölfe Terrorcrew - Sektion Hamburg" wurden bis zu ihrem Verbot etwa zehn aktive Mitglieder zugerechnet.

Die Gesamtzahl der Rechtsextremisten in den sonstigen rechtsextremistischen Organisationen hat sich durch die Aufnahme der rechtsextremistischen Anhänger der "Reichsbürger"-Gruppen und der "Identitären Bewegung Deutschland" in die Beobachtung von 70 auf 100 Personen erhöht. Diesem Personenpotenzial werden des Weiteren die Anhänger der "Hamburger Burschenschaft Germania", der "Pennalen Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg", der "Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V." sowie der "Europäischen Aktion" zugerechnet.

Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten in Hamburg ging 2016 auf 342 zurück (2015: 500).

"Reichsbürger" und "Selbstverwalter"

"Reichsbürger" und so genannte "Selbstverwalter" sind Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen, unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, auf verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder auf ein selbst definiertes Naturrecht, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland ablehnen und der Geltung unseres Rechtssystems widersprechen. Sie verweigern den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation. Daher sind sie auch bereit, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen. Die sehr heterogene Szene eint, dass sie den Bestand der Bundesrepublik Deutschland ablehnt. Hamburger Behörden erhielten insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2016 vermehrt Zusendungen dieser Klientel. Zwei "Reichsbürger"-Gruppen wurden in Hamburg besonders aktiv. In Hamburg sind derzeit (Stand: 1. Juni 2017) gut 90 Personen der "Reichsbürger"- und "Selbstverwalter"-Szene zuzurechnen. Davon gibt es bei rund zehn Prozent Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen.

Scientology-Organisation

Die Zahl der Scientologen in Hamburg ist seit zehn Jahren insgesamt rückläufig. 2016 stagnierte ihre Zahl bei 350 Personen. Zum Vergleich: 2007 wurden der SO in Hamburg noch gut 750 Personen zugerechnet. Ein Grund für den Rückgang ist unter anderem die sinkende Bedeutung der Scientology-Organisation in Deutschland, wozu auch die breite Information der Öffentlichkeit durch den Verfassungsschutz beigetragen hat. Die SO versucht in Hamburg weiterhin, Gesprächspartner aus den Bereichen Gesellschaft, Kultur, Politik oder Religion zu finden. Zudem bietet die seit 1997 vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation vermeintliche Angebote zur "Lebenshilfe" an, um in Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommen; dies geschieht häufig über unverfänglich erscheinende Initiativen und Tarnorganisationen, um mögliche Interessenten nicht sofort durch den äußerst schlechten Ruf der SO abzuschrecken. Auch durch die Besetzung populärer Themen, beispielsweise das Engagement gegen Drogenmissbrauch, versucht die SO, Kontakte zu knüpfen. Die Scientology-Beratung, die in Hamburg vom Verfassungsschutz wahrgenommen wird, bleibt ein wichtiger Bestandteil der Auseinandersetzung mit der verfassungsfeindlichen Ideologie und den Praktiken dieser totalitären Organisation.

Wirtschaftsschutz und Spionageabwehr

Auch im Jahr 2016 unterstützte das LfV im Bereich Wirtschaftsschutz Hamburger Unternehmen. Ein Schwerpunkt war die Sensibilisierung für die Gefahren durch Wirtschaftsspionage, speziell durch Cyberattacken fremder Nachrichtendienste. 2016 hat das LfV Hamburg rund 150 Unternehmen besucht. Darüber hinaus organisierte das LfV Hamburg Informationsveranstaltungen und hielt 25 Vorträge in Unternehmen. Rund 150 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Medien und Verwaltung kamen am 26. Oktober 2016 zum vierten Wirtschaftsschutztag des LfV Hamburg in der Handelskammer zusammen. Der Wirtschaftsschutztag stand unter anderem im Zeichen des effektiven Umgangs mit Cyberangriffen. Im Zentrum der Spionageabwehr standen nach wie vor russische und chinesische Nachrichtendienste, deren staatlicher Auftrag es weiterhin ist, die eigene Wirtschaft mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu unterstützen; darüber hinaus werden aber auch Informationen aus der Politik und Verwaltung gesammelt, beispielsweise über groß angelegte Hackerangriffe auf Behörden. Nachrichtendienste aus dem Mittleren und Nahen Osten sind vorwiegend an Gütern interessiert, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können (so genannte "Dual- Use-Güter"). Hierbei handelt es sich vor allem um den Bereich der Proliferation, also der Weiterverbreitung atomarer, biologischer oder chemischer Massenvernichtungswaffen einschließlich der zur Herstellung erforderlichen Produkte. Im Zentrum der Tätigkeit zahlreicher fremder Nachrichtendienste steht auch die Ausforschung von Oppositionellen, die in Deutschland im Exil leben.

Autor: VHSt
Fotos: Landesamt für Verfassungsschutz

HBZ · 07/2017
 
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