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René Koch

Perfekte Hautpflege, typgerechtes Make-up sowie Styling sind seine Profession

Gründer des Lippenstiftmuseums in Berlin, ehemaliger Chef-Visagist bei "Yves Saint Laurent" und "Charles of the Ritz" arbeitete in New York, London und Paris, wurde mehrfach geehrt, z.B. mit dem Cosmetic Oscar, der Goldenen Maske und den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin.

Heute berät er Stars und Prominente aus Showbiz, Politik und Wirtschaft, aber auch alle Frauen und Männer, die von seiner Erfahrung profitieren möchten. Internationales Ansehen genießen seine Camouflage-Methode sowie seine Pflege-, Make-up- und Parfümlinie »Cosmetic de Luxe«.

Als Gründer des Lippenstiftmuseums in Berlin weiß René Koch alles rund um den Lippenstift.

Über 250 Exponate hat René Koch im Laufe seines Lebens bereits gesammelt. Begonnen hat diese Leidenschaft während seiner Karriere als Visagist bei "Charles of the Ritz" und "Yves Saint Laurent Beauté". Dort konnte er einzelne, inzwischen seltene Lippenstifte der beiden Marken vor dem Vergessen retten. "Später kamen andere, wie von Dior und Chanel hinzu", erzählt René Koch. Der Visagist wollte diese wahren Schmuckstücke für die Nachwelt aufbewahren.

Neben Lippenstiften aus über 100 Jahren stellt der Wahl-Berliner Puderdöschen und komplett ausgestattete Handtaschen mit extra Fächern für Lippenstift, Makeup und Zigaretten aus. Seine enge Freundin Hildegard Knef hat sogar eine eigene Vitrine bekommen, denn sie war eine langjährige Stammkundin, der René Koch als Visagist zu noch strahlenderer Schönheit verhalf. Dazu kommen über 125 Kussabdrücke mit Autogrammen von Prominenten, die er schminkte - darunter zum Beispiel Mireille Mathieu, Brigitte Nielsen und Bonnie Tyler.

Seine wertvollsten Exponate sind aber zwei Lippenstifte: "Einer davon mit Brillanten, Diamanten und schwarzen Saphiren in Emaillehülse aus den 20er Jahren", schwärmt René Koch. Das Stück im Art-Deco-Look ist ungefähr 1.500 Euro wert. Der zweite ist ein Lippenstift mit integrierter Puderdose und Spieluhr im Wert von circa 750 Euro.

Die Schätze findet der Beauty-Experte auf Auktionen, im Internet oder bekommt sie sogar geschenkt. "Als Sammler sind drei Dinge wichtig: Reichlich Zeit zum Suchen, etwas Geld zu Kaufen und viel Glück", erklärt der Museumsgründer. Anfangs hatte er gar nicht vor, seine Stücke auszustellen. "Die Sammlung war eigentlich nur für mich gedacht und nicht für andere" betont der Visagist.

Dennoch gründete er sein Lippenstiftmuseum im Oktober 2008 in einer ruhigen Wohnstraße in Berlin-Wilmersdorf. Auf Anfrage bietet René Koch seitdem Führungen durch seine Räume an. "Die meisten Besucher sind dabei selbstverständlich Frauen, doch auch Männer kommen ins Museum", und wenn sie hier herausgehen, dann sagen sie auch: "Das war toll!", erzählt René Koch lächelnd.

Während seiner Führungen erklärt der Visagist nicht nur die Geschichte des Lippenstiftes, sondern schildert auch das Frauenbild der jeweiligen Zeit. Laut René Koch steht der Lippenstift für Emanzipation. So erzählt der Museumsgründer, das am Anfang des 20. Jahrhunderts die Frauenrechtlerinnen in Großbritannien, die sogenannten Suffragetten, mit rot geschminkten Lippen auf die Straßen gingen, um für ihre Rechte zu kämpfen. Mit dieser Art von Geschichten und Anekdoten führt der Makeup-Experte seine Besucher in die bunte Welt der Kosmetik ein - Schminkratschläge inklusive.

René Koch: "Frauen haben schon immer viel für ihre Schönheit getan!"

Die Geschichte zeigt uns, dass selbstbewusste und erfolgreiche Frauen schon immer sehr viel für ihre Schönheit getan haben. So entdeckten Forscher in der sumerischen Stadt Ur eine Art Lippensalbe von ca. 3500 v. Chr. - der älteste Fund, der auf das Färben von Lippen hindeutet.

Ungefähr zweitausend Jahre später schminkte sich die ägyptische Königin Nofretete die Lippen. Auch Cleopatra becircte im ersten Jahrhundert v. Chr. ihre Geliebten Julius Caesar und Marcus Antonius mit geschminkten Lippen und schwarz betonten Augen. Angeblich besaß sie sogar eine Sklavin, die ausschließlich dafür zuständig war, ihren Lippen durch Bisse eine Rötung zu verschaffen.

In Mitteleuropa wurden vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert Lippenpomaden aus Bienenwachs hergestellt, die roten Färbemittel waren zum Beispiel Krapprot oder Kermesrot sowie rote Früchte und Beeren.

In der Barockzeit feierte das Lippenrot beim Adel eine Blütezeit. Königinnen, Mätressen und sogar manche Prinzen oder Höflinge färbten sich zum bleichweiß gepuderten Gesicht einen kleinen roten Mund, gleich einer Rosenknospe, was Jugendfrische vermitteln sollte. Madame Pompadour & Co. wussten schon damals: Schönheit ist Macht. Aber auch die Femmes fatales der Belle Epoque wie Caroline Otéro, eine spanische Tänzerin und Mätresse vieler gekrönter Häupter, unter anderem auch die Geliebte des deutschen Kaisers Wilhelm II., lockten mit dunklem Lippenrot. Mit rot geschminkten Lippen gingen gleichzeitig die Suffragetten auf die Straße, forderten mehr Rechte für die Frauen wie Wahlrecht, Studienrecht oder das Recht auf eigene Finanzen. Vorbilder für Millionen von Bürgersfrauen und Arbeiterinnen der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts waren Stummfilmstars wie Pola Negri und Lya de Putti - sogar Lippenschablonen mit den Maßen ihrer Lippen gab es zu kaufen. Denn frau wollte so aussehen wie ihr Idol auf der Leinwand. Modekönigin Coco Chanel propagierte zu dieser Zeit Moi Rouge, ein kräftiges Zinnoberrot, das auch die Malerin Tamara de Lempicka in ihren Frauenporträts einsetzte. Endlich konnten Frauen ihre Persönlichkeit und Kreativität mit geschminkten Lippen sichtbar machen: Hier bin ich! Nutzen auch Sie das, es könnte schon bald zum Geheimnis Ihres Erfolges werden!

class="red">Ein amüsanter Streifzug durch die Geschichte des LippenrotsDer Lippenstift, wie Frauen ihn heute im Designertäschchen tragen, geht auf das Jahr 1883 zurück. Präsentiert wird er erstmals auf der Weltausstellung in Amsterdam. Zwei französische Parfümeure zeigen einen in Seidenpapier eingewickelten Stift aus gefärbtem Rizinusöl, Hirschtalg und Bienenwachs - eine absolute Neuheit. Es gibt zwar schon rote Lippenpomade, aber noch nicht als Stift gehärtet. Die wenigen selbstgefertigten Stücke mit dem Namen Rhodopis Serviteur sind allerdings sehr teuer - umgerechnet circa 50 Euro. Das verschafft dem Lippenstift zu Beginn erst einmal einen schweren Stand: er ist wegen seiner Stiftform in Rot nicht nur sündhaft, sondern auch teuer. So ist er zunächst vor allem im Pariser Rotlichtmilieu rund um den Montmartre zuhause.

Erst die französische Schauspielerin Sarah Bernhardt, die Diva des späten 19. Jahrhunderts, macht den Lippenstift populär, indem sie sich mit kirschrotem Mund auf die Bühne stellt. Sie benutzt den von ihr "Liebesstift" (Stylo d'ámour) getauften Lippenstift auf allen Bühnen der Welt - und wird zur berühmtesten Schauspielerin ihrer Zeit, ein erster echter Weltstar. In der Stummfilm-Ära kommt der Lippenstift bei Künstlerinnen immer mehr in Mode. Das sündhafte Image bleibt jedoch erhalten: Werbung für den Lippenstift ist immer noch verpönt.

Guerlain in Paris, eines der ältesten Parfümhäuser der Welt, steckt den Lippenstift 1910 erstmals in eine Metallhülse mit Druckvorrichtung. Namen wie Ne m'oubliez pas bezaubern die Frauen. Der Adel aus Europa kauft die sündhaft teuren Produkte bei Guerlain. Und bei Coco Chanel: 1921 kreiert sie das erste synthetische Parfüm Chanel Nr. 5 und ihren ersten Lippenstift in Signalrot Moi Rouge. In Amerika wird der Lippenstift nun auch langsam für die breite Masse erschwinglich. Charles of the Ritz prägt später den Werbeslogan Ein Name, der auf den Lippen bleibt.

Den endgültigen Siegeszug tritt der Lippenstift in den Goldenen Zwanzigern an.

Die moderne Frau trägt Bubikopf und Wasserwelle, den Teint weiß gepudert, die Augen dunkel und umrandet; der klein geschminkte Mund glänzt in dunklem Brombeer- oder Granatrot. Die bürgerlichen Mütter haben Probleme mit den roten Lippen der Töchter - aber bestimmt nicht nur, weil die Stifte auf Seifenbasis hergestellt werden und überall Spuren hinterlassen.

Das Lippenherz, der sogenannte Amorbogen, wird extrem geschwungen ausgemalt - ein "Bienenstich- Mund". Erstmals gibt es Kompaktpuderdosen mit Spieluhr und integriertem Lippenstift. Und es darf nun endlich auch geworben werden: zum Beispiel 1928 für Rouge-Baiser, den ersten kussechten Lippenstift aus Frankreich - mit dem Farbstoff Eosin Y, der später verboten wird. Eosin Y als Farbstoff verwendete man in Lippenstiften bis in die 1980er Jahre. Wegen der toxischen Wirkung wurde es seither durch andere Pigmente ersetzt.

In den 1930er und 1940er Jahren - der Tonfilm hält Einzug - singt Marlene Dietrich im Blauen Engel: Nimm dich in acht vor blonden Frau'n… Mit rauchig-erotischer Stimme begründet die Diva mit den langen Beinen einen neuen Trend: wasserstoffblondes, onduliertes Haar, bleistiftdünne Augenbrauen und ein schmaler, tiefrot geschminkter Mund, der bei ihr erstmals natürlich und lebendig wirkt. Der Lippenstift ist nun in verschiedenen Farbtönen in Metallhülse mit Schiebetechnik erhältlich, aber immer noch ein Luxusartikel.

Die Pariser Modekönigin Elsa Schiaparelli erfindet neue Lippenstiftfarben: Shiap ein helles Pink und Shocking ein kräftiger Fuchsia-Ton. Mit dem gerade erfundenen Konturenstift werden die Lippen exakt vor- und breiter gemalt. 1932 eröffnet Elisabeth Arden ihre Lippenstift-Bar im eigenen Berliner Schönheitssalon. Sie verkauft das Lippenstift- Ensemble in sechs feinen Nuancen.

Kosmetik wird zum viertgrößten Wirtschaftsfaktor in den USA, das berühmte Revlon Red erobert 1934 den Markt. Als die USA 1941 in den Krieg eintreten, fragt die amerikanische VOGUE: Ist es patriotisch, mir in solchen Zeiten Gedanken um mein Aussehen zu machen? - Ja! Findet das US-Wirtschaftsministerium und lässt die Lippenstiftproduktion fleißig weiterlaufen.

Währenddessen beginnt die große Farbfilm-Zeit. In Deutschland tanzt und singt Marika Rökk in mehreren UFA-Filmen, in den USA verzaubert Vivien Leigh die Welt in Vom Winde verweht - die Welt wird femininer. Die ersten Pin-up-Girls sind da. Und der Lippenstift wird auf die Garderobe abgestimmt - ein absolutes Novum. Kräftige große Lippen leuchten von Zinnober- bis Kirschrot. Schauspielerinnen wie Rita Hayworth oder Lana Turner werben für Max-Factor-Lippenstifte. Aber in Deutschland heißt es "Eine deutsche Frau schminkt sich nicht", denn in Deutschland ist zu dieser Zeit Krieg. Am 8. Mai 1945: Kapitulation. Jedoch nicht für den Lippenstift. Schon bald schminken sich die ersten Trümmerfrauen die Lippen gegen Alltagstristesse und Not. Die große Hildegard Knef hat 1946 ihr Filmdebüt - mit geschminktem Mund, großen Augen und Grips unter der blonden Mähne. Eine Frau zum Hingucken, apart und selbstbewusst.

1948 wird der Lippenstift wie Phoenix aus der Asche neu geboren. Amerikanische und britische Designer erfinden die moderne Drehmechanik, so wie wir sie heute kennen. Hildegard Knef, die "Sünderin", erhält ihren ersten Werbevertrag von der Firma RIZ für den Volkslippenstift VL (DM 1,50). Gleichzeitig wird in den USA von Renoir der erste farblose Lippenlack, Nude Lips, entwickelt.

Populär ist jetzt der Diven-Mund der Nachkriegsstars, wie Elisabeth Taylor, Sophia Loren, Grace Kelly, Maria Schell, Nadja Tiller, Liselotte Pulver und natürlich "unsere Hilde". Die amerikanischen GIs schenken dem deutschen Fräulein- Wunder neben Kaugummis und Zigaretten auch Lippenstifte. Und Christian Dior kreiert den New Look mit seinem berühmten Dior-Rot mit einem etwas bläulichen Stich.

Marilyn Monroe, Gina Lollobrigida und Brigitte Bardot betreten um 1952 die Bühne bzw. die Leinwand - mit üppigem Busen, schmaler Taille und verführerischen Lippen. 1956 dreht Grace Kelly ihren letzten Film - weil sie im gleichen Jahr den Fürsten von Monaco heiratet. Im Gepäck: ein korallenroter Lippenstift von Estee Lauder, der erstmals duftet -nach Vanille und Feige.

Kurze Zeit danach werden eher zarte, knabenhafte Frauen wie Jean Seberg oder Audrey Hepburn mit hellen Lippenstift-Farben zu Stars.

In Westdeutschland kommen ab 1959 Avon-Beraterinnen mit ihren Produkten an die Haustür. Schmollmünder in Rosa und Pfirsich mit reichlich Perlmuttschimmer sind en vogue. Während im Westen das Wirtschaftswunder eine neue Konsumgesellschaft hervorbringt, wird im Osten 1960 der erste volkseigene Lippenstift entwickelt. Der Volkseigene Betrieb (VEB) Berlin Kosmetik liefert Lippenstifte in die sozialistischen Bruderländer, für 50 Pfennig bis 1,50 Mark (Ost).

1963 leitet die Antibaby-Pille die sexuelle Revolution ein.

Make-up und Lippenstift rücken erst einmal in den Hintergrund. Es ist die Zeit von Flower-Power und Rebellion, die Frauenbewegung gewinnt an Stärke. Zunächst wettern viele Frauen gegen den Lippenstift, sexistische Werbung, Tierversuche und Pelze.

Der Minirock von Mary Quant erobert die Frauenmode - und erfreut die Männer. Die Deutschen haben einen Farbfernseher im Wohnzimmer, die Amerikaner dagegen 1969 das Rockfestival Woodstock. Gleichzeitig wird der leidvolle Paragraph 175 gegen Homosexuelle in einer ersten Reform abgeändert und übrigens erst 1994 ersatzlos gestrichen. Make Love - not war! In der DDR sind ab Anfang der 1970er die Lippenstifte Sküs und Action für 49 Ost-Pfennige der Renner.

Frühling, Sommer, Herbst und Winter - 1974 gründet die Amerikanerin Carol Jackson ihre Beratungsfirma nach dieser Philosophie. Die Farbanalyse für Frauen ist da, inklusive Lippenstiftfarben. Gegen Ende der 1970er erregen junge Künstler als die Jungen Wilden großes Aufsehen, darunter Salome in Berlin mit rotem Lederoutfit und roten Lippen. Das androgyne Geschlecht zeigt sich erstmals öffentlich. Dr. Frank N. Furter aus der Rocky Horror Picture Show präsentiert 1975 pralle rote Lippen und ein komplettes Make-up für Männer. Für David Bowie, Gary Glitter oder Mick Jagger ist es dagegen schon fast normal sich zu schminken. Yves Saint Laurent entwirft in Paris den Kultlippenstift Rouge pur Nr. 19 in Fuchsiarot. Es wird langsam wieder bunter.

In den späten 1970ern und den 1980ern ist vor allem Disco-Time. Saturday Night Fever (1977) stehen für einen neuen Look. Aber auch in TV-Serien wie Dallas oder Denver Clan kann ein neues Schönheitsideal bestaunt werden: breite Schultern, üppige Mode und viel, viel Make-up mit auffällig geschminkten Lippen. Amanda Lear, Madonna, Whitney Houston, Diana Ross oder Cher wollen um jeden Preis auffallen. Stilikonen sind gefragt. Make-up für die Disco heißt: purpurrote Lippen im perfekt geschminkten Gesicht.

Ab 1986 muss übrigens für Lippenstift & Co kein Tier mehr leiden.

Das Tierschutzgesetz verbietet Tierversuche für die dekorative Kosmetik (EU-Verbot 2004). Mauerfall und Grenzöffnung 1989 bringen die Europäer zusammen und viele neue Trends auf den Markt. Davon sind uns bis heute Techno. Tattoos, Strähnchen, bunte Haare und Piercings geblieben.

In den 1990er Jahren hält dagegen eine neue Schlichtheit Einzug. Der Mund wird in matten Naturtönen geschminkt, von Sand über Beigebraun bis Rosenholz. Die Kontur ist zart-bräunlich. Die Mode-Puristen Jil Sander oder Yohji Yamamoto propagieren diesen Stil Weniger ist mehr.

Das Internet wird geboren, gleichzeitig - mag das nun Zufall sein oder nicht - gibt es immer weniger echte Stars. Sharon Stone ist einer von den wenigen. Es ist die Zeit der Topmodels, allen voran Kate Moss, Naomi Campbell, Claudia Schiffer, Nadja Auermann oder Heidi Klum. Kaum eine Werbung für Lippenstift, Parfüms oder andere Produkte gibt es ohne sie.

1995 geht der erste große Home-Shopping-Kanal auf Sendung, heute Home-Shopping-Europe 24 (HSE 24). An 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden täglich, kann man Kosmetik, Lippenstifte und vieles mehr einkaufen. Beratung inklusive.

Mit dem Beginn des neuen Jahrtausends kommen Euro und Globalisierung. Es gibt nichts, was es nicht - bzw. in irgendeinem Teil der Erde zu kaufen gibt. Im Alltag geht's sportlich und locker zu, mit dezentem Make-up und viel Lipgloss; abends heißt es: rote Lippen, smokey eyes, Schmuck. Alles schick, aber nicht immer alles echt.

Der Lippenstift gehört nach wie vor zu den meistverkauften Produkten der Welt. Es wird gefeiert mit pompösen Auftritten. Promis zeigen, was sie haben: viel Haut, viel Bein, viel Dekolleté, viel Lippe - zur Not künstlich aufgespritzt mit Botox & Co. Lippenkonturen werden mit Permanent- Make-up tätowiert. Der Lippenstift ist nun das beliebteste Beauty-Utensil der Frauen zwischen 20 und 80 Jahren, es gibt ihn in allen Formen, Nuancen und Farben. Kanebo stellt erstmals einen Lippenstift aus Gold und Seide vor, The Lipstick, in fünfzehn Farben, die an die japanische Lackkunst erinnern. Der Lippenstift mit pflegenden und glossigen Substanzen dient als Zusatz für Glanz-, Booster- und 3D-Effekt.

Und er wird immer besser: Als 2005 die Stiftung Warentest sogenannte Long-Lasting-Lippenstifte, die lange Haltbarkeit versprechen, prüft, erhält über die Hälfte das Urteil sehr gut bis gut.

Heute bestehen die Lippenstifte aus Ölen, Wachsen, Pigmenten und Chemikalien, die für die Haltbarkeit sorgen. Zu verdanken ist es einer Frau: der amerikanischen Chemikerin Hazel Bishop, die einen Lippenstift auf Lanolin-Basis entwickelte, der die Farbe nicht verschmieren lässt.

Wer will, kann heute sogar per Anleitung im Internet seine eigenen Natur-Lippenstifte kreieren. Es gibt auch 24-Stunden-Lippenstifte oder Tattoos im Zebra-Look für unseren Mund. Das Lippenrot des 21. Jahrhunderts ist jedenfalls dekorativ und hat auch pflegende Eigenschaften, enthält Vitamine, pflegende Öle, Lipsome und Lichtschutzfaktor.

Im nächsten Jahr feiert der Lippenstift seinen 135. Geburtstag.

Eine beispiellose Karriere für das meistverkaufte Kosmetikprodukt der Welt vom anrüchigen "Stylo d`Amour" zum Volksutensil. In jeder Sekunde gehen auf diesem Planeten 23 Lippenstifte über die Ladentheke. Und der Lippenstift ist mittlerweile auch deswegen so beliebt, weil sich Frauen mit nur wenigen Handgriffen in ein schüchternes Mädchen oder einer männermordenden Vamp verwandeln können.

Zum Abschied unseres Besuches erfahren wir noch, dass das öffentliche Bild von René Koch noch viele schillernde Facetten hat, unter anderem als international gefragter Make-up Artist, TV-Beauty-Experte, Lippenstiftsammler, Buchautor und Chef des Cosmetic & Camouflage Centrums Berlin, wo er unentgeltlich Menschen, die unter gravierenden Hautschäden leiden, behandelt und praktische Lebenshilfen gibt.

Mehr über René Koch in seiner gerade erschienenen Biografie "Abgeschminkt - Mein Leben, meine Sünden, meine Zeit". Ein eigensinniges, einfühlsames Buch über das pralle Leben, aber auch über Verluste und Einsamkeit, Alter und Tod. Ein Buch über Moralvorstellungen und den Mut, man selbst zu sein. Verlag B+S Siebenhaar, ISBN: 978-3-943132-47-2

Lippenstiftmuseum, Helmstedter Straße 16, 10717 Berlin
Email: info@lippenstiftmuseum.de
Telefon 030 854 28 29 (mittwochs bis freitags von 11 bis 19 Uhr)
Besuche & Besichtigungen nur nach vorheriger Terminvereinbarung!

Autor: VHSt (Quelle: René Koch und Dieter Stadler/Lippenstiftmuseum Berlin)
Fotos: René Koch und Dieter Stadler/Lippenstiftmuseum Berlin

HBZ · 07/2017
 
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