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Psychoterror am Arbeitsplatz

Mobbing

Für 1,7 Millionen Beschäftigte ist Mobbing am Arbeitsplatz trauriger Alltag. Wirtschaftliche Verluste in Milliardenhöhe sind die Folge, denn Mobbing fördert schlechte Arbeitsergebnisse und hohe Fehlquoten. Der Psychoterror am Arbeitsplatz bringt viele Menschen um ihre Gesundheit. Ständige Kränkungen machen auf Dauer krank.

Fast 90 Prozent der Gemobbten klagen während oder nach dem Mobbingprozess über psychische und physische Probleme. Sind es anfangs noch stressbedingte Symptome wie z. B. Niedergeschlagenheit, Kopfschmerzen und Schlafstörungen, können im fortgeschrittenen Mobbingstadium dann ernsthaftere und chronisch verlaufende Krankheiten hinzukommen wie etwa Migräne, Angstzustände, Tabletten- oder Alkoholabhängigkeit, Depressionen und Herz-Kreislauf- Probleme.

Typische Mobbing-Opfer gibt es nicht, jeder kann zur Zielscheibe werden. Auch bestimmte Charaktereigenschaften, die einen Menschen zum bevorzugten Mobbing- Opfer machen, sind nicht bekannt. Der zielgerichtete Terror kann zwischen Kolleginnen und Kollegen stattfinden, von Vorgesetzten ausgehen oder auch von Mitarbeitern, die ihre Chefs mobben. In etwa der Hälfte der Fälle, so der Mobbing-Bericht der Bundesregierung, sind Vorgesetzte an diesen Prozessen beteiligt. Und jeder Fünfte der Beschäftigten in Deutschland wurde schon einmal am Arbeitsplatz gemobbt.

Vehemenz und Intensität nehmen zu. Mobbing ist nicht Neues, aber die Vehemenz und die Intensität sind stärker geworden. Verschiedene Ursachen wie ständige Arbeitsverdichtung, weiterer Abbau von Personal ohne gleichzeitige Aufgabenkritik, kaum noch erfüllbare Sparvorgaben der Politik und verstärktes Konkurrenzdenken erzeugen starken Druck auf die Beschäftigten, führen zu Verunsicherung und Stress und schaffen ein raues Betriebsklima. Vielfach reagieren gemobbte Arbeitnehmer dann mit innerer Kündigung oder sie werden krank.

Anlass zu ernster Sorge! Immer mehr Betroffene wenden sich daher hilfesuchend an ihre Interessensvertretungen, bitten um Beratung und Rechtsbeistand, weil sie sich im Dienst gemoppt fühlen!

In den Gesprächen erweist es sich dann als ausserordentlich schwierig, konkrete und belastbare Verhaltensweisen nachzuweisen. Oftmals auch deshalb, weil wichtige Regelungen und Bestimmungen nicht bekannt waren.

Wichtig erscheint uns daher, nachstehend einige grundlegenden Fakten zum Thema Mobbing aufzuzeigen, um auch zu verdeutlichen, was Betroffene unbedingt zu beachten haben, um Fehlverhalten erfolgreich ahnden zu können.

Was man unbedingt zum Thema Mobbing wissen sollte: Beim Begriff "Mobbing" handelt es sich nicht um einen juristischen Tatbestand, sondern um einen Sammelbegriff für Verhaltensweisen, die je nach Sachlage für die Betroffenen rechtliche, gesundheitliche und wirtschaftliche Auswirkungen haben können. Nach der gängigen Definition beinhaltet das Wort "Mobbing", dass jemand am Arbeitsplatz von Kollegen, Vorgesetzten oder Untergebenen schikaniert, belästigt, drangsaliert, beleidigt, ausgegrenzt oder beispielsweise mit kränkenden Arbeitsaufgaben bedacht wird und der oder die Mobbing-Betroffene/r unterlegen ist.

In der Regel müssen die als Mobbing in Betracht kommenden Verhaltensweisen häufig und wiederholt auftreten und sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Dabei muss ein systematisches Handeln festgestellt werden. Das bedeutet, dass ein Zusammenhang mit gleichgelagerten, die Rechte des Betroffenen beeinträchtigenden Verhaltensweisen bestehen muss. Ein solcher Zusammenhang muss sich nicht nur aus dem zeitlichen Zusammenhang ergeben, er erfordert regelmässig auch eine identische Zielsetzung. An dem für ein solches Handeln erforderlichen Zusammenhang kann es fehlen, wenn diese vereinzelt geblieben sind, zeitlich weit auseinanderliegen oder aus anderen Gründen keinen Bezug zueinander aufweisen.

Mit dem Begriff des Mobbing im arbeitsund beamtenrechtlichen Sinn müssen fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen erfasst werden, die nach Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, oder andere ebenso geschützte Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen (Thüringer Landesarbeitsgericht, Urteil vom 10.04.2001, Az: 5 Sa 403/2000).

Bei einmaligen Vorfällen handelt es sich nicht um Mobbing. Auch handelt es sich nicht um Mobbing, wenn zwei etwa gleichstarke Parteien in Konflikt geraten. Zu bedenken ist, dass der blosse Ausdruck von Missachtung, Nichtachtung, Missbilligung, Abneigung sowie die Austragung zwischenmenschlicher Konflikte als Bestandteil der sozialen Lebensgemeinschaft von jedem Mitglied der Gesellschaft hingenommen werden muss. Ein wechselseitiger Eskalationsprozess, der keine klare Täter-Opfer-Beziehung zulässt, steht der Annahme eines Mobbingsachverhaltes entgegen.

Die rechtliche Einordnung von Verhaltensweisen beurteilt sich ausschliesslich danach, ob der Tatbestand einer Rechtsvorschrift erfüllt ist, aus welcher sich die gewünschte Rechtsfolge herleiten lässt. Dabei hängt die Annahme von Mobbing immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Mögliche rechtliche Auswirkungen von Mobbing:

In strafrechtlicher Hinsicht kommen grundsätzlich verschiedene Tatbestände in Betracht. Vorwiegend ist an den Tatbestand der Beleidigung, § 185 StGB, der üblen Nachrede, 186 StGB, der Verleumdung § 187 StGB, der Beleidigung trotz Wahrheitsbeweises, §192 StGB und der Nötigung, § 240 StGB zu denken.

Wichtig ist, dass es bei diesen Tatbeständen in der Regel eines Strafantrages des Mobbing-Betroffenen bedarf, der innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Kenntniserlangung von der Straftat zu stellen ist.

Zu beachten sind aber auch die Konsequenzen, die im Zusammenhang mit einem Strafantrag gegen den Mobber zu befürchten sind. So gilt es zu bedenken, was geschieht, wenn der Mobber von dem Strafantrag erfährt; wird er den Mobbing-Betroffenen in Ruhe lassen oder wird alles nur noch schlimmer?; was geschieht, wenn der Mobber nicht sanktioniert wird, hat er dann einen Freibrief für sein Tun? Des Weiteren gilt es zu bedenken, ob die Polizei, die Staatsanwaltschaft sowie das Gericht dem Mobber oder dem Mobbing-Betroffenen glauben werden.

In diesem Zusammenhang ist auch zu überprüfen, ob das Tun des Mobbers zu beweisen ist. Vor Gericht hilft eine schlagwortartige Behauptung des Vorliegens von Mobbing nicht.

Erforderlich ist ein den Ablauf und die Einzelheiten erfassender Einzelvortrag, aus dem sich die entsprechenden Rückschlüsse ziehen lassen. Wenn dieser nicht geleistet werden kann, ist kein Rechtsschutz möglich (LAG Thüringen, aaO.).

In zivilrechtlicher Hinsicht kommt in Betracht ein Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung (§ 823 BGB), Widerruf und Unterlassung hier verletzender Äusserung (analog §§ 1004, 823 BGB), Unterlassung von Mobbinghandlungen (analog §§ 1004, 823 BGB), Schmerzensgeld (§ 847 BGB), und die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG). Auch hier gelten die bereits bei den strafrechtlichen Aspekten dargelegten Fragen zu bedenken.

In arbeitsrechtlicher oder dienstrechtlicher Hinsicht können sich insbesondere Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung der Fürsorgepflicht ergeben. Der geltend zu machende Schaden kann darin bestehen, dass etwa nachgewiesen werden kann, dass eine Beförderung wegen Mobbing entgangen ist und der Arbeitgeber/Dienstherr gegen das Mobbing trotz Kenntnis nicht eingeschritten hat. Auch können Massnahmen des Arbeitgebers/Dienstherrn wegen Verstoss gegen die Billigkeit oder wegen Ermessensfehlern unwirksam oder wegen Rechtsfehlern aufzuheben sein, weil sie auf Mobbing beruhen oder Mobbingtatbestände nicht ausreichend berücksichtigen.

Eine rechtliche Möglichkeit aber über die genannten und beschriebenen Rechtskreise hinaus abstrakt in rechtlich relevanter Hinsicht Mobbing zu rügen, besteht nicht. Insbesondere gibt es kein förmliches "Mobbing-Verfahren".

Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass sich ein öffentlich Beschäftigter - wie dies jeder Bürger auch kann - an seinen Diensthern /Arbeitgeber wendet und dort den formlosen Rechtsbehelf der Dienstaufsichtsbeschwerde erhebt. Es liegt allerdings im Wesen dieses formlosen Rechtsbehelfs, dass beim Dienstherrn eine Entscheidung gleich welcher Art angeregt werden kann, diese aber nicht erzwungen werden kann.

Für den Fall, dass es zu einem Arbeitsgerichtsprozess kommt und man beweisen muss, dass man tatsächlich gemoppt wurde, hilft ein "Mobbingtagebuch". Jeder Vorfall mit Uhrzeit, Ort und gegebenenfalls anwesenden Zeugen werden darin dokumentiert. Die Aufzeichnungen sind auch sehr wichtig, um im Gespräch mit einem Berater schneller den Kern der Sache zu erfassen.

Mobbing kann zur fristlosen (ausserordentlichen) Kündigung des Mobbers führen. Zu bedenken ist jedoch, dass Zeugen aus Angst, selbst Mobbingopfer zu werden, oft nicht bereit sind, vor Gericht auszusagen, insbesondere dann, wenn diese in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Mobber stehen. Überlange Verfahrensdauern von mehr als zwölf Monaten sind bei einigen Arbeitsgerichten an der Tagesordnung und belasten die Opfer noch zusätzlich. Problematisch ist jedoch immer der konkrete Nachweis des Mobbings, da die Mobber versuchen, ihre Handlungen zu verschleiern. Im Falle eines Strafverfahrens werden viele Mobber daher nicht verurteilt und können danach ungestört weiter mobben.

Autor: VHSt

HBZ · 10/2012
 
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