VHSt - Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
 
Aktuelle Ausgabe
Titelfoto: © Ansicht des Chilehauses (c) stahlpress

Das Mitgliedermagazin

Hamburgische Zeitschrift für den öffentlichen Dienst

 

Mitglied werden

Profitieren Sie von der Mitgliedschaft im VHSt. Einfach ausdrucken und ausgefüllt an uns senden.

 

BESONDERE VERANSTALTUNGEN


 

Top-Themen

Einen Augenblick bitte ...

Portrait Begrüssungskapitän Uwe Christensen

"Willkommen in Hamburg, wir freuen uns, Sie in unserem Hafen begrüssen zu können", schallt es aus den riesigen Lautsprechern der Schiffsbegrüssungsanlage am Schulauer Fährhaus der "City of Hamburg", dem französischen Spezialfrachter aus Marseille entgegen. Das Schiff kommt aus Spanien und hat Flugzeugteile für das Airbuswerk in Finkenwerder geladen.

Im engen Kommandostand der Begrüssungsanlage neben der Terrasse des Schulauer Fährhauses steht heute Begrüssungskapitän Uwe Christensen, arrangiert die Begrüssungs- und Verabschiedungszeremonien am Willkomm-Höft und bedient die Technik.

Der 75jährige Verwaltungsbeamte und Rathausdirektor a.D. hat nach seiner Pensionierung hier im letzten Jahr seinen Traumjob gefunden. 5 bis 6mal monatlich verrichtet er - ehrenamtlich - seinen Dienst in der Regel von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.

"Das bedeutet im Sommer oftmals auch 14 Stunden Anwesenheit. Mit sechs weiteren ehrenamtlichen Begrüssungskapitänen teilen wir uns den Job. Wir sind ein tolles Team, die Arbeit bringt Spass, die grauen Zellen werden gestärkt, die Kontakte mit den Gästen sind interessant und hier kann ich auch meine Fremdsprachenkenntnisse gut nutzen. Das alles hält Geist und Körper jung", lässt uns Uwe Christensen wissen.

Uwe Christensen unterbricht unser Gespräch und wirft einen Blick auf die neuesten Meldungen des Schiffsmeldedienstes über die Schiffsbewegungen auf der Elbe. Vier Schiffe kündigen die Stationen des Schiffsmeldedienstes in Hamburg-Finkenwerder bzw. in Stadersand an. Diese Informationen sind seine Arbeitsgrundlage. Jetzt bleiben ihm noch ca. 15 Minuten, die entsprechenden Nationalhymnen und Ansagen im Computer herauszusuchen und bereitzustellen.

Weil sich aber die Reihenfolge der Schiffe bis zum Willkomm-Höft noch ändern kann, muss Uwe Christensen sicherheitshalber auch "auf Sicht" arbeiten, das heisst mit Hilfe des Fernglases den Namen des sich zuerst nahenden Schiffes erkennen, um die richtige Nationalität und die Zeremonie zuordnen zu können. Zusätzlich kann er über 2 Webcams elbauf- und abwärts frühzeitig die Schiffsbewegungen auf der gesamten Elbe im Auge behalten. Als weiteres Hilfsmittel verfügt er über einen Bildschirm mit Google-Earth-Programm und AIS-Anzeige der Schiffe.

Das angekündigte Container-Schiff aus Hamburg passiert das Willkomm-Höft und der Begrüssungskapitän startet die Verabschiedungszeremonie. Während dessen senkt sich die Hamburg-Flagge am 40 m hohen Mast zum Gruss (Flagge dippen nennt das der Seemann), und das internationale Flaggensignal UW für "Gute Reise" wird bei auslaufenden Schiffen aufgezogen. Wir erfahren weiterhin, dass ca. 150 Nationalhymnen und Ansagen in ca. 45 Sprachen seefahrender Nationen hier gespeichert sind - und falls der Computer einmal ausfällt, noch eine ältere Anlage mit Kassetten existiert.

In launigen Worten vermittelt der Kapitän nach Abschluss der Zeremonie nun den Gästen des Fährhauses über Lautsprecher wesentliche Informationen über das Schiff wie Grösse, Heimatland, Fahrtziel und Ladung. Über 16.000 Karteikarten und der tägliche Hafenbericht sind seine Haupt-Informationsquellen.

"Natürlich kommt es auch vor, dass bei uns noch keine Informationen über ein Schiff vorliegen, wenn es zum Beispiel erst vor kurzem in Dienst gestellt wurde und zum erstmal den Hamburger Hafen anläuft. Dann ist Improvisation pur für eine Notfall-Begrüssung oder falls die Zeit noch ausreicht, eine telefonische Auskunft beim Lloyds Schiffsregister in London angesagt", erhalten wir als Antwort auf unsere Frage.

Und wir erfahren weiter, dass Schiffe mit weniger als 1000 Grosstons vermessen oder Schiffe, die den deutschen Küstenbereich nicht verlassen, nur durch das Dippen der Flagge begrüsst oder verabschiedet werden. Auch vor 8 Uhr morgens und nach 20 Uhr bzw. nach Sonnenuntergang darf nicht begrüsst oder verabschiedet werden. Gerne wollten wir noch wissen, was denn ein Begrüssungskapitän den Gästen erzählt, wenn längere Zeit kein Schiff am Willkomm-Höft vorbeikommt. Mit einem Augenzwinkern verrät uns Uwe Christensen: "Natürlich muss man die Gäste zwischendurch unterhalten. Also starte ich eine Begrüssungszeremonie zum Beispiel mit der Schweizer Nationalhymne. Aber kein Schiff weit und breit in Sicht; irritiert schauen die Gäste auf die Elbe. Dann informiere ich das Publikum: Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben soeben ein getauchtes U-Boot der berittenen Schweizer Gebirgsmarine begrüsst und erläutere noch einige technische Einzelheiten. Natürlich kläre ich dann die Gäste nach einigen Minuten über den Scherz auf. Aber als vor kurzem ein Gast zu mir kam und stolz berichtete, er habe ganz deutlich das Sehrohr des UBootes sehen können, war auch ich etwas irritiert".

Noch viele interessante und kuriose Begebenheiten erzählte uns Uwe Christensen, der übrigens seit 52 Jahren Mitglied des VHSt ist, von seinem ehrenamtlichen Engagement. Zum Abschluss informierte er uns noch über das Schulauer Fährhaus. Wo heute das Schulauer Fährhaus steht, stand von 1543 bis 1864 einer der ältesten Höfe von Schulau, bis das heutige Gebäude als Bauernhaus erbaut wurde. 1875 wurde die Kruggerechtigkeit "Fährhaus zur schönen Elbaussicht" verliehen und 1887 ein Tanzsaal angebaut. 1939 wurde das Gebäude erneut erweitert, schon bald danach aber durch den Krieg als Hilfslazarett und Sanitätslager der britischen Streitkräfte genutzt.

Erst 1949 wurde das Schulauer Fährhaus wieder in Betrieb genommen. 1952 wurde dann durch Otto Friedrich Behnke die Schiffsbegrüssungsanlage "Willkomm-Höft" errichtet und eröffnet. Nachdem das Gebäude 1962 und 1976 schwere Sturmflutschäden davon getragen hatte, wurde 1980 in unmittelbarer Nähe des Fährhauses eine Sturmflutschutzmauer errichtet.

Mit einem herzlichen Dankeschön verabschieden wir uns von Uwe Christensen. Und beim Verlassen des Fährhauses erschallt erneut das uns schon fast vertraute "Willkommen in Hamburg, wir freuen uns, Sie in unserem Hafen begrüssen zu können" entgegen.

Autor: VHSt
Fotos: Severin

HBZ · 03/2011
 
Weitere Meldungen:

Geschichten aus Hamburgs Geschichte

Das Chilehaus

Ikone des Backsteinimpressionismus: Das Chilehaus wurde vor 100 Jahren fertiggestellt...
HBZ · 3/2024
 

Nachwuchsnetzwerk zu Besuch

Neujahrsfeier YouNet

Auch in diesem Jahr fand die Neujahrsfeier des Nachwuchskräftenetzwerks YouNet in den Räumlichkeiten des Vereins Hamburger Staatsbeamten r. V. statt....
HBZ · 3/2024
 

Erfolgreichster Bildungsminister Deutschlands tritt ab

Schulsenator a. D. Ties Rabe

Es ist mehr als ungewöhnlich, dass ein scheidender Bildungsminister mit Lob überhäuft wird....
HBZ · 3/2024
 

Ihr Recht in der Praxis

Schlechte Bewertung - was tun?

Heute möchte ich Ihnen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema "Beurteilung" vorstellen (Urteil des 2. Senats vom 12. Oktober 2023, Aktenzeichen 2 A 7.22) - ...
HBZ · 3/2024
 

Das Netzwerk des Führungsnachwuchses

Die Ratten-AG

Sie nennen sich selbst "Ratten". Es zeugt von Selbstbewusstsein und Humor, sich nach Tieren zu benennen, die viele eher als Schädlinge betrachten würden. Dabei gelten die Nager zugleich ...
HBZ · 3/2024
 

Keine Angst vor dem Finanzamt

Einkommenssteuerberatung des VHSt

Der erfahrene Steuerberater Jörg Hahn berät alle Mitglieder des Vereins Hamburgischer Staatsbeamten kompetent rund um das Thema Steuererklärung - kostenlos. Fu...
HBZ · 3/2024
 
 
 
 

TOP