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Hafenlotsenstation

Spannender Besuch bei den Hamburger Hafenlotsen

Unerwartet gross war das Interesse der Mitglieder an einem Besuch der Hafenlotsenstation im April. Drei Termine hat unser Wanderführer Harry Fehrmann für den Besuch organisieren müssen und damit rund 70 Mitgliedern einen informativen und faszinierenden Nachmittag geboten.

Bei herrlichem Wetter traf sich die dritte Gruppe am 16. April um 13 Uhr an den Landungsbrücken und fuhr mit der Hafenfähre Richtung Finkenwerder. Schnell waren die sonnigen Plätze auf dem Oberdeck in Beschlag genommen und alle genossen die wärmenden Sonnenstrahlen, den faszinierenden Blick auf die Hafenanlagen, den pulsierenden Schiffsverkehr auf der Elbe und die direkte Vorbeifahrt an einem Aida-Luxusliner am Kreuzfahrtterminal Neumühlen. Besser hätte die Einstimmung auf unseren Besuch in der Lotsenstation nicht sein können.

Am Bubendey Ufer angekommen, empfing uns Karlheinz Römer. Von seinen über 47 Berufsjahren war er seit über 30 Jahre Hafenlotse und hat genau 11.003 Schiffe im Hamburger Hafen gelotst. Jetzt ist er im Ruhestand betreut ehrenamtlich die Besuchergruppen. Er gilt noch immer als das "wandelnde Lexikon" der Hafenlotsen. Tiefgang, Länge, Breite, PS-Zahl - das hat der erfahrene Nautiker nahezu bei jedem Frachter im Kopf.

Karlheinz Römer: "Sie schauen jetzt auf eines der frühesten Gebäude, das der berühmte Baudirektor Fritz Schumacher 1914 bauen liess. Dort in dem Backsteinbau mit der 28 Meter hohen Turmuhr und dem Wasserstandsanzeiger befindet sich an der Elbseite die Wachleiterstation. Wissen Sie was die Anzeige am Turm bedeutet? Das E steht für Ebbe und das F für Flut; die Zahl dahinter sind die Dezimeter über den durchschnittlichen Wasserstand. Und im ,Käfig' dort an der Elbseite befindet sich hinter der 14 Meter mal 1,50 Meter grossen Fensterfront die Wachleiterstation mit einem faszinierenden Blick über die Elbe - sicherlich einer der schönsten Arbeitsplätze im Hafen.

Als die Lotsenstation 1914 fertiggestellt wurde, diente sie während des Ersten Weltkrieges zunächst noch als Unterkunft für Soldaten, dann war die Seemannsschule dort untergebracht. Erst 1924 zogen die Hafenlotsen hier ein".

Im Konferenzraum nehmen wir Platz und lauschen mit Interesse seinen fachkundigen Erklärungen und erlebnisreichen Geschichten seiner Kapitäns- und Lotsentätigkeit. Römer schwärmt von seinem Beruf, wir erfahren: 1962 hat er mit der Seefahrt auf die damals übliche harte Tour als Schiffsjunge angefangen, der sich bis zum Kapitän weiterbildet. Er besuchte zunächst die Seemannschule in Finkenwerder, anschliessend ging es an Bord mit verschiedenen Deckstätigkeiten, die mit der Matrosenprüfung abschlossen. Der nächste Ausbildungsabschnitt war dann der Besuch der Seefahrtschule mit dem Erwerb des Patentes A5 (Seesteuermann auf grosser Fahrt). Es folgten diverse Einsätze auf verschiedenen Schiffen als 3. und 2. Offizier auf fast allen Weltmeeren. Abschluss der Ausbildung war dann der nochmalige Besuch der Seefahrtschule, hier nahm er sein Kapitänspatent auf grosser Fahrt im Empfang. Nach neun Jahren Einsatz als Kapitän auf verschiedenen Schiffen grosser Hamburger Reedereien wurde er 1979 Hafenlotse in Hamburg und absolvierte noch einmal eine sechsmonatige hafenspezifische Ausbildung.

Im Dienste der Hansestadt arbeiten die Hafenlotsen seit 1858 und ursprünglich waren die Lotsen Staatsdiener. Im Jahr 1981 gründeten sie eine Lotsenbrüderschaft und seitdem organisieren ihre Arbeitseinsätze als Freiberufler selbst. Ihr Leitmotiv: Hafenlotsenbrüderschaft Hamburg - kompetent, engagiert, professionell, zuverlässig!

Losgelöst von den engen Vorschriften des öffentlichen Dienstes können sie den ständig wandelnden Betriebsabläufen und Anforderungen der Kunden jetzt schnell und unbürokratisch gerecht werden. Sie sind in der Lage, rund um die Uhr, an 365 Tagen, bei jedem Wetter durch flexiblen Einsatz einen Hafenlotsen für die lotsannahmepflichtige Schifffahrt zur Verfügung zu stellen. Auf dem Hafenabschnitt von Airbus bis zu den Elbbrücken befinden sich 350 Liegeplätze im Hafen, die über diese Lotsenstation versorgt werden.

Im Jahr 2001 konnte die Hafenlotsenbrüderschaft durch eine richtungsweisende Tarifvereinbarung mit der Freien und Hansestadt Hamburg den Weg für weitere Rationalisierungen, ebenso zum Nutzen der Kunden, frei machen. Seitdem arbeiten sie mit verbesserter Technik. Das hochmoderne Verkehrsleit- und Überwachungssystem kann die Arbeit der erfahrenen Hafenlotsen aber nicht ersetzen. Es ist nach wie vor viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl erforderlich, um in dem komplizierten Strömungsgewässer des Hamburger Tidehafens die Schiffe sicher an den vorgesehenen Schiffsliegeplatz zu manövrieren, sie im Hafenbecken zu drehen und an die Kaimauer zu drücken. Zwar verfügen moderne Schiffe über Bugstrahlturbinen und gelegentlich ist auch noch ein zusätzlicher Heckantrieb vorhanden, mit dem das Schiff Seitwärtsbewegungen ausführen kann, doch für das Bremsmanöver und als Manövrierhilfe ist der Hafenlotse in der Regel auf die Unterstützung der leistungsstarken Hafenschlepper angewiesen.

Sie bringen ihre Erfahrung und ihr Können im engen Hafengebiet, wo gestoppt, gedreht, seitwärts sowie rückwärts manövriert werden muss, um Schiffe an ihren Liegeplatz zu bringen, ein. Dabei muss die Absprache mit den vielen anderen grossen und kleinen Verkehrsteilnehmern schnell und ohne Verständigungsprobleme erfolgen.

75 Hafenlotsen und ca. 25 moderne Assistenzschlepper sorgen dafür, dass die Ozeanriesen sicher ihren Weg an die Kais oder in das Fahrwasser der Elbe finden. Auch die schwierigsten Eindockmanöver bei den Hamburger Schiffswerften werden sicher beherrscht. Neben den wechselhaften Wetterverhältnissen und der Begrenzung durch die Wassertiefe wird das Manövrieren nicht unwesentlich durch die in Stärke und Richtung veränderlichen Gezeitenströmungen beeinflusst, zusätzlich ist die verfügbare Manövrierfläche nicht im gleichen Umfang wie die Schiffsgrössen gewachsen.

Nach einer Stunde spannender Informationen führte uns Herr Römer durch die Betriebsräume mit viel Technik und grossen Radarbildschirmen, erläuterte fachkundig die technischen Anlagen und demonstrierte ihre Funktionen.

Karlheinz Römer zum Abschied: "Viel hat sich gegenüber früher geändert: Die Schiffe sind grösser geworden - und dort, wo früher ein Kompass und einige wenige nautische Geräte standen, erinnern die Kommandobrücken heute eher an ein Raumschiff. Doch bei aller Technik bleibt das Gespür für die Natur immer noch wichtiges Handwerkzeugs"!

Autor: VHSt
Fotos: D. Severin

HBZ · 06/2014
 
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