Titelfoto: © Ansicht des Chilehauses (c) stahlpress
Hamburgische Zeitschrift für den öffentlichen Dienst
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Bunker und Tunnel
Hamburger Unterwelten
Überirdisch kennt man Hamburg ja, aber haben Sie sich schon einmal unterirdisch auf Entdeckungsreise begeben?
Zwar gibt es in unserer Stadt im Vergleich zu anderen Städten wie Berlin nicht viele begehbare Unterwelten, weil Hamburg auf Sumpfgebiet errichtet wurde. Aber einige gibt es schon, und zumindest zwei beeindruckende Exemplare sind regelmäßig mit Touren begehbar.
Hamburger Unterwelten e. V. und unter-hamburg. e. V.
Derzeit gibt es zwei Vereine, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, gemeinsam mit Denkmalvereinen und dem Amt für Denkmalschutz die Unterwelten-Zeitzeugen zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Verein Hamburger Unterwelten bietet regelmäßige Besichtigungstouren in den Tiefbunker unter dem Hauptbahnhof und einen kleineren Bunker in Altona an. Touren in den Rundbunker am Berliner Tor hat der Verein unter-hamburg im Programm. Zu weiteren Zielen, die ab und an, meistens jedoch nur am Tag des offenen Denkmals oder der Langen Nacht der Industrie erkundet werden können, gehören u. a. der
Schellfischtunnel in Altona, der
Hilfskrankenhaus-Bunker in Wedel, der
Tunnel unter der Lombardsbrücke und der
Kaufmann-Bunker in Pöseldorf.
Rückbau auf Kosten der Geschichte
Früher konnten noch viele weitere Baudenkmäler wie Pesthof und Eiskeller, das Riedemann Mausoleum sowie verschiedene Hoch-, Tief- und Röhrenbunker besichtigt werden. Leider kämpfen die Vereine heute gegen den Rückbau an, denn viele Baudenkmäler wurden bereits abgerissen, dem Verfall preisgegeben oder befinden sich in privater Hand und sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. "Es geht jedes Mal Geschichte verloren und wir verlieren jedes Jahr gefühlte zehn Objekte. Hamburg ist eben durch kaufmännisches Denken geprägt und die 'Freie und Abbruchstadt Hamburg'. Das Denkmalamt in Hamburg hat einen schweren Stand", so der Architekt und Vorstandsmitglied des Hamburger Unterwelten e. V., Christian Hinrichs. Sein Verein sorgt jedoch dafür, dass die zum Abriss freigegebenen Gebäude zumindest nicht in Vergessenheit geraten, indem er Bauwerke wie den Sockel des Bismark-Denkmals baulich untersucht und dokumentiert.
Tiefbunker am Steintorwall
Direkt am Hauptbahnhof, genauer am Steintorwall, befindet sich der größte Tiefbunker der Hansestadt. Erbaut wurde die Zivilschutzanlage wie auch die am Spielbudenplatz in einem Sofortprogramm in den Jahren 1941 bis 1944, weil man die Vergeltungsangriffe auf Berlin und andere Städte auch für Hamburg befürchtete. Der Bunker am Hauptbahnhof sollte knapp 2.500 Menschen aufnehmen können, davon hauptsächlich durchreisende Bahngäste. Überirdisch befindet sich nur ein kleines, rundes Bauwerk, das schnell übersehen werden kann. Darin wurden die Einsaugstutzen der Lüftungsanlage, der Notauswurf der Abwasserleitungen und die Betankungsstutzen untergebracht. Unterirdisch erstrecken sich zwei verbundene Teile mit jeweils drei Stockwerken in fast 13 Metern Tiefe. Während der Bombenangriffe boten die 3,75 Meter dicken Wände bis zu 6.000 Personen Schutz. Die unabhängige Wasserversorgung wurde durch einen eigenen Tiefbrunnen sichergestellt.
Nach dem Krieg geriet der Bunker zunächst in Vergessenheit, bevor er aufgrund des Kalten Krieges 1965 zum Atombunker umgerüstet wurde. Zur neuen Einrichtung gehören unter anderem 900 Liegen und 1.800 Sitze. Seit dem 11. September 2001 hat der Tiefbunker am Hauptbahnhof erneut an Bedeutung gewonnen und wurde auf die neuen Erfordernisse durch die Bedrohung von Terroristen umgerüstet. Heute wie damals befindet sich der Eingang, an dem gerade Bauarbeiten stattfinden, direkt am Steintorwall.
Rundbunker am Berliner Tor
Von außen sieht man ein kleines Blechhaus mit massivem Schornstein und zwei Treppen, die nach unten führen. Drei dreigeschossige, sonst komplett unterirdisch angelegte Rundbunker mit einem Durchmesser von 20 Metern und einer Tiefe von 10,5 Metern wurden 1940 direkt am Bahnhof Berliner Tor erbaut. In der Nacht des Feuersturms überlebten hier rund 800 Menschen die Angriffe. In den Jahren 1960 bis 1963 wurde der Bunker zum ersten Atomschutzbunker Hamburgs umgerüstet und sollte 450 Menschen beherbergen können. Heute ist der Bunker nur noch ein Zeitzeuge und wird nicht mehr zum Schutz der Zivilbevölkerung genutzt.
Wenn Sie auch die anderen Unterwelten Hamburgs erleben möchten, lohnt sich ein Blick auf die Führungstermine bei www.hamburgerunterwelten.de und www.unter-hamburg.de sowie auf die Listen des Tags des offenen Denkmals und der Langen Nacht der Industrie.
Autor: VHSt
Fotos: (c) Hamburger Unterwelten e. V.
HBZ · 02/2019
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