
Verfassungsschutzbericht 2018
Extremisten im Visier
Innensenator Andy Grote
Hamburgs Innensenator Andy Grote und der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Torsten Voß, haben den neuen Verfassungsschutzbericht vorgestellt.
Schwerpunkt der Arbeit des Hamburger Nachrichtendienstes war die Beobachtung von Rechts- und Linksextremisten, Islamisten, Extremisten mit Auslandsbezug sowie sogenannten Reichsbürgern und Scientologen. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Punkte des 282 Seiten langen Berichts in Kurzform vor. Den vollständigen Bericht können Sie bei der Behörde für Inneres und Sport sowie beim LfV anfordern oder auf
www.hamburg.de nachlesen.
Islamismus
Im Jahr 2018 setzte sich der militärische und territoriale Niedergang des sogenannten Islamischen Staates (IS) fort. Zwar kontrollierte die Terrormiliz noch kleinere Gebiete in Syrien und im Irak, ihren fortschreitenden Zerfall konnte die Terrororganisation jedoch nicht stoppen. Die Zahl der aus Hamburg in Richtung Syrien und Irak ausgereisten Personen ist insgesamt von rund 80 auf 86 gestiegen. Ein gutes Drittel davon ist bislang zurückgekehrt. Der Anstieg ist in nachträglich gemeldeten Ausreisen begründet. Von den Ausgereisten verstarben gut zwei Dutzend in den Terrorgebieten. Andere wurden dort mittlerweile inhaftiert, ohne dass hierzu belastbare Zahlen vorliegen.
In Hamburg betrug das Personenpotenzial im Bereich Islamismus Ende 2018 insgesamt 1.631 Personen (2017: 1.565). Die Zahl der Anhänger des salafistischen Spektrums lag bei 776 Personen (2017: 780). Der Hizb ut-Tahrir (HuT) wurden rund 220 (2017: 180) deutsche oder afghanisch- und türkischstämmige Anhänger zugerechnet. 150 Personen wurden der Furkan-Gemeinschaft zugezählt (2017: 140). Gründe für den Anstieg sind der weitere Zulauf in die Szene sowie die konsequente Aufhellung des Dunkelfeldes durch den Verfassungsschutz.
Linksextremismus
Das linksextremistische Personenpotenzial in Hamburg wuchs im Jahr 2018 auf 1.335 Personen an (2017: 1.220). Der Anstieg, speziell im gewaltorientierten Spektrum, liegt insbesondere an der weiteren Ermittlung von Tätern nach Straftaten im Kontext des G-20-Gipfels. So gehörten im Jahr 2018 insgesamt 750 Personen der autonomen Szene in Hamburg an (2017: 620). Das Potenzial der anarchistischen Szene betrug rund 40 Personen (2017: 30). 145 Personen (2017: 110) waren den antiimperialistischen Gruppierungen zuzurechnen. Die Zahl der in Hamburg insgesamt erfassten linksextremen Straftaten im Rahmen von politisch motivierter Kriminalität ("PMK Links") ging mit 396 Taten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück (2017: 2.157).
Rechtsextremismus
Zum rechtsextremistischen Personenpotenzial in Hamburg zählten mit 340 etwas mehr Personen als im Vorjahr (2017: 320). Angestiegen ist - gegen den Bundestrend - die Mitgliederzahl der NPD auf 110 (2017: 100). Die Anzahl der in sonstigen Strukturen aktiven Rechtsextremisten stieg ebenfalls leicht an auf 120 (2017: 110). Von den 340 Hamburger Rechtsextremisten stuft das LfV rund 130 Personen (2017: 140) als gewaltorientiert ein. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 422 rechtsextreme Straftaten im Rahmen der "PMK Rechts" erfasst (2017: 428). Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten blieb 2018 mit 284 Fällen (2017: 286) ebenfalls auf Vorjahresniveau.
Extremismus mit Auslandsbezug
Die politischen Entwicklungen in den jeweiligen Heimatländern stehen in einem engen Kontext zu den Aktivitäten extremistischer Gruppierungen mit Auslandsbezug in Deutschland. In Hamburg ist im Jahr 2018 die Anzahl der Anhänger ausländischer extremistischer Vereinigungen mit 845 Personen (2017: 860) nahezu unverändert geblieben. So wurden der PKK 600 Personen (2017: 600) plus rund 1.500 Sympathisanten zugerechnet und türkischen Linksextremisten 135 Personen (2017: 150). 110 Personen waren Anhänger türkisch-nationalistischer Strömungen (2017: 110). Insgesamt wurden 2018 in Hamburg 141 politisch motivierte Straftaten in diesem Bereich erfasst (2017: 79).
Reichsbürger und Selbstverwalter
Der Hamburger Reichsbürgerszene wurden mit Stand 31. Dezember 2018 145 Personen zugerechnet (2017: 130). Knapp zehn Prozent davon weisen Überschneidungen zur rechtsextremistischen Szene auf. In Einzelfällen zählten in der Vergangenheit auch Scientologen zur Szene. Der in den Vorjahren starke Anstieg des Hamburger Personenpotenzials aufgrund der konsequenten Aufhellung des Dunkelfeldes fiel 2018 deutlich geringer aus. Zwei der bisher sechs in Hamburg durchgeführten Entziehungen waffenrechtlicher Erlaubnisse bei Reichsbürgern erfolgten im Jahr 2018.
Scientology-Organisation
Der Hamburger Scientology-Organisation (SO) mit Sitz am Domplatz wurden Ende 2018 gut 300 Anhänger zugerechnet. Im Vorjahr waren es 350. Sogenannte Frontgroups - Teilorganisationen, die nicht gleich als solche erkennbar sind - betreiben in Hamburg und nahegelegenen Bundesländern regelmäßig Informationsstände und verteilen Broschüren. Dafür nutzen sie Kampagnen, bei denen sie mit gesellschaftlich relevanten Themen und gleichnamigen Organisationen wie "Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben", "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte" (KVPM), "Jugend für Menschenrechte" und "Criminon Deutschland e. V." auf Interesse von Passanten hoffen.
Quelle: "Verfassungsschutzbericht Hamburg 2018" des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg
Autor: VHSt
Fotos: Bina Engel
HBZ · 09/2019
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