VHSt - Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
 
Aktuelle Ausgabe
Titelfoto: © Ansicht des Chilehauses (c) stahlpress

Das Mitgliedermagazin

Hamburgische Zeitschrift für den öffentlichen Dienst

 

Mitglied werden

Profitieren Sie von der Mitgliedschaft im VHSt. Einfach ausdrucken und ausgefüllt an uns senden.

 

BESONDERE VERANSTALTUNGEN


 

Top-Themen

Mängelliste für 2019 und Ausblick auf 2020/2021

Rechnungshof-Jahresbericht 2021

Foto: (c) Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg
Foto: (c) Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg

Mit seinem Jahresbericht 2021 teilt der Rechnungshof der Bürgerschaft, dem Senat und der Öffentlichkeit seine Prüfungsergebnisse der Haushalts- und Wirtschaftsführung der FHH für das Jahr 2019 mit.

Er ist eine wesentliche Grundlage für die Entlastung des Senats durch die Bürgerschaft. Der Bericht umfasst eine Vielzahl an Feststellungen, Beanstandungen und Vorschlägen, die zum Teil bereits von den geprüften Stellen aufgegriffen bzw. umgesetzt wurden. Am Ende der folgenden Zusammenfassung des Jahresberichts finden Sie auch einen Ausblick auf die besondere Haushaltslage für 2020/2021.

Bestätigungsvermerk eingeschränkt

Die Buchhaltung und die Bewirtschaftung der Haushaltsmittel genügen den Anforderungen der staatlichen Doppik noch immer nicht in vollem Umfang. Die Jahresabschlüsse von Kernhaushalt und -konzern vermitteln zwar ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, die festgestellten Mängel führen aber dazu, dass der Rechnungshof zum wiederholten Male sein Testat eingeschränkt hat. Die strukturellen Ursachen hierfür sind im Wesentlichen unverändert; sie liegen u. a. in der Komplexität des Rechnungswesens der FHH. Zur Vermeidung von Mängeln im Jahresabschluss hält der Rechnungshof es für notwendig, dass die Finanzbehörde - insbesondere in den Fällen, in denen sie mit den Behörden und Ämtern nicht einer Meinung ist - die Gesamtverantwortung für die Buchführung aktiver wahrnimmt.

Gesamtschau: keine gravierenden Verstöße

Wie auch im letzten Jahr kommt der Rechnungshof in der Gesamtschau zu der Einschätzung, dass keine gravierenden Verstöße gegen das Budgetbewilligungsrecht vorlagen. Gleichwohl gab es Beanstandungen. Einzelne Haushaltsermächtigungen wurden zum Teil verdeckt oder temporär überschritten. Zu verdeckten Überschreitungen kam es, weil Geschäftsvorfälle in der Buchhaltung nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend erfasst wurden, sondern die Verwaltung sich an den vorhandenen Ermächtigungen orientierte. Teilweise wurden Nachbewilligungsanträge erst gestellt, als der Ermächtigungsrahmen bereits überschritten war. Diese Fälle sowie eine Vielzahl kleinerer temporärer Überschreitungen zeigen Mängel in der Bewirtschaftungspraxis auf.

Resteberg nach wie vor hoch

Das im Haushaltsjahr 2019 nicht verbrauchte Ermächtigungsvolumen (sog. Reste), das ins nächste Jahr übertragen wurde und somit 2020 zusätzlich - neben den im Haushaltsplan ohnehin veranschlagten Ermächtigungen - zur Verfügung steht, wächst weiter an. Der Resteberg beträgt 1,95 Mrd. Euro konsumtiv sowie 1,25 Mrd. Euro investiv (jeweils + 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Der 2019 nicht verbrauchte investive Rest übersteigt damit sogar deutlich das für das gesamte Jahr 2019 geplante Investitionsbudget. In Einzelfällen wurden Reste übertragen, obwohl eine haushaltsrechtliche Ermächtigung fehlte.

Mängel bei der Haushalts- und Wirtschaftsführung

Die Prüfungen zur Ordnungsmäßigkeit der Aufstellung des Haushaltsplans, der Leistungszwecke, der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns, der Vergabe von Lieferungen und Leistungen sowie der Bewilligung von Zuwendungen offenbarten auch in diesem Jahr teils gravierende Mängel und unwirtschaftliches Verhalten der Verwaltung. So setzte die Verwaltung zu selten betriebswirtschaftliche Instrumente, wie zum Beispiel Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Erfolgskontrollen, ein. Das hat zur Folge, dass oft die Wirtschaftlichkeit des Handelns nicht belegt werden kann.

Rechtsverstöße und Mängel im Verwaltungshandeln

Bei der Bewilligung von Haushaltsmitteln verstieß die Verwaltung gegen Rechte der Bürgerschaft, indem sie in Einzelfällen Budgetermächtigungen unzulässig überschritt oder Haushaltsreste ohne die erforderliche Ermächtigung in das Folgejahr übertrug. Darüber hinaus gab es viele weitere Mängel im konkreten Verwaltungshandeln.

Beispiele mit Handlungsempfehlungen des Rechnungshofs:

  • Die Fakultät Design, Medien und Information der HAW nahm es hin, dass Hochschulbeschäftigte die Erfüllung der Lehrverpflichtung nicht nachwiesen. Bei der Vermietung von Räumen und Kfz-Stellplätzen verzichtete die Hochschule auf Einnahmen.
  • Die Pflegeelternvermittlung der Bezirksämter wählte Pflegeeltern auf der Grundlage von vielfach mangelhaften Prüfungsunterlagen aus - das wird der Bedeutung dieser Entscheidung für das weitere Leben der Kinder und Jugendlichen nicht gerecht. Darüber hinaus wurden ungerechtfertigte Zahlungen geleistet.
  • Beim Programm W.I.R - work and integration for refugees versäumte es die Sozialbehörde, auf eine deutlich geringere als die geplante Auslastung zu reagieren: Statt geplanter 16 Beratungen pro Beratungskraft wurden nur knapp sechs in der Woche erbracht. Mit einem besseren Standortkonzept für die Beratungsstellen hätten bis zu 800.000 Euro eingespart werden können.
  • Der Maßregelvollzug wird in Hamburg von einem privaten Klinikbetreiber durchgeführt. Weil die Sozialbehörde dem Klinikbetreiber zugestand, anhand von Plandaten und Pauschalen abzurechnen, war das gesetzliche Gewinnerzielungsverbot nicht sichergestellt.
  • Die Vergabe freiberuflicher Leistungen im Baubereich hatte z. T. erhebliche Defizite, rechtliche Verstöße hatten negative Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen. Unzureichende Eignungsprüfungen und fehlerhafte Verträge führten zu kostenträchtigen Nachträgen und neuen Vergabeverfahren.
  • Die Planung des Begegnungszentrums KörberHaus in Bergedorf lief z. T. aus dem Ruder: Die Projektkosten erhöhten sich von ursprünglichen 17,5 auf 26,6 Mio. Euro. Bezogen auf die Bruttogeschossflächen war das eine Steigerung von 37 Prozent. Auch die Folgekosten einer aufwendigen Fassadengestaltung wurden nicht ausreichend berücksichtigt.
  • Das Veloroutennetz sollte ursprünglich bis zum Jahr 2020 fertiggestellt werden. Dieses Ziel hat die Verwaltung verfehlt. Die Bürgerschaft wurde nicht über die absehbaren Verzögerungen informiert.
  • Für einen Teil des staatlichen Grundbesitzes ist die Freie und Hansestadt Hamburg als gewöhnliche Steuerzahlerin steuerpflichtig. Die ungenügende Organisation der Verwaltungsprozesse für die Steuerzahlung führte dazu, dass es zu Mahnungen durch die Steuerverwaltung kam und diese z. T. sogar offenblieben. Die Aufgabenteilung zwischen dem Landesbetrieb für Immobilienmanagement und Grundvermögen und den Behörden und Ämtern muss verbessert werden.
  • Die über Jahre zu hoch bemessenen finanziellen Zuweisungen an die Landesbetriebe Kasse.Hamburg und Gebäudereinigung Hamburg haben dazu geführt, dass dort Rücklagen von zusammen rund 15 Mio. Euro gebildet wurden, die der Verfügungsgewalt der Bürgerschaft entzogen sind. Diese Mittel sind an den Haushalt zurückzuführen.
  • Bei den IT-Verfahren des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens ist vor Betriebsaufnahme die Einwilligung der Finanzbehörde erforderlich. Bei 59 von 63 eingesetzten IT-Verfahren fehlte diese. Diese Verfahren hatten im Haushaltsjahr 2018 ein Volumen von 97 Mrd. Euro mit 14 Mio. Belegen bewegt. Beim Landesbetrieb Verkehr und Landesbetrieb Erziehung und Beratung beispielsweise bestanden Sicherheitsmängel in den Rechenzentren. Beispielsweise wurden die Anforderungen des BSI-Grundschutzes nicht eingehalten. Bei einem IT-Verfahren, das Haushaltsmittel bewirtschaftet, wurde das Vier-Augen-Prinzip nicht beachtet.
  • Bei Kennzahlen der Feuerwehr stellte sich heraus, dass bei der Berechnung der für die politische Steuerung wichtigen Kennzahlen zu Eintreffzeiten uneinheitliche Berechnungsverfahren gewählt wurden, die zudem die tatsächliche Zeit bis zum Eintreffen am Einsatzort teilweise zu optimistisch darstellten.

Haushaltslage 2020/2021

Der Rechnungshof berichtete mit der am 11. Januar 2021 dem Senat und der Bürgerschaft vorgelegten Beratenden Äußerung nach § 81 Absatz 2 LHO - zeitgleich mit der Einbringung des Haushaltsplan-Entwurfs 2021/2022 in die Bürgerschaft - über seine Einschätzung zur aktuellen Haushaltslage. 2020/2021 ergibt sich eine Phase der Neuverschuldung, die in ihrer Dimension einmalig sein dürfte: Wegbrechende Steuereinnahmen treffen auf große Hilfsprogramme. Der Schuldenstand des Kernhaushalts wird in der Zeit von 2018 bis 2024 einschließlich der HSH-Mittel um 9,7 Mrd. Euro steigen.

Der Rechnungshof kommt gleichwohl zu dem Schluss, dass es angesichts der großen Aufgabe der Bewältigung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen nicht zu kritisieren ist, jetzt Milliardensummen für entsprechende Hilfsprogramme zur Stabilisierung der Wirtschaft und für die Abfederung von Belastungen der Pandemie zur Verfügung zu stellen. Das Handeln des Senats steht insoweit im Einklang mit der Schuldenbremse.

Die zur Krisen(folgen)abwehr erforderlichen Mittel und damit auch die Höhe der zulässigen notfallbedingten Kreditaufnahme sind allerdings auch mit haushalts- und verfassungsrechtlichen Kriterien schwer konkret zu bemessen. Die Milliarden aus den Notfallkrediten führen aktuell zu der Situation, dass es eher ein Zuviel an Mitteln gibt. Schon 2020 standen mehr Hilfsmittel zur Verfügung, als tatsächlich verausgabt werden konnten. Eine Aufstellung des Rechnungshofs zeigt: Von 1.625 Mio. Euro wurden faktisch nur 501 Mio. Euro ausgegeben. Dadurch besteht die Gefahr, dass Corona-Hilfsmittel entweder abseits ihrer Zielbestimmung verbraucht werden oder mittelbar in "Spartöpfen" für spätere Zeiten landen.

Die diesbezüglichen Forderungen des Rechnungshofs lauten:

  • Das im Zuge der Pandemie zur Verfügung gestellte Geld darf nur für Zwecke eingesetzt werden, die inhaltlich und zeitlich direkt mit der Pandemie und ihren Folgen verknüpft sind.
  • Auch an Notfallmaßnahmen darf nur das durchgeführt werden, was den Kriterien eines wirtschaftlichen und sparsamen Mitteleinsatzes entspricht.
  • Die Finanzierung über Notfallkredite ist nachrangig einzusetzen: Finden sich bereits Ermächtigungen im Haushalt, sind diese vorrangig zu nutzen.
  • Der Senat sollte die Neuverschuldung und die Tilgung jährlich in Übersichten transparent darstellen ("Kontrollkonten").

Wir blicken auf eine schwierige finanzpolitische Zeit. Die Zeiten eines stetigen Wachstums der im Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel sind auf mittlere Sicht erst einmal vorbei. Der Einbruch der Steuererlöse infolge der geringeren Wirtschaftsleistung reduziert den Handlungsspielraum ab 2022 voraussichtlich um mehr als 250 Mio. Euro jährlich. Die notfallbedingten Kredite sind ab 2025 jährlich um 150 Mio. Euro zu tilgen. Vor dem Haushalt liegt mittelfristig eine Durststrecke, die wieder einen restriktiveren Kurs verlangt.

Präsident Dr. Stefan Schulz: "Die gegenwärtige akute Krise ist für die Stadt eine enorme Herausforderung. Rein finanzpolitisch ist sie aber vielleicht einfacher als das, was danach kommt. Denn: Gegenwärtig können alle Ausnahmeklauseln der Schuldenbremse genutzt werden und Kredite in enormem Umfang aufgenommen werden. Die mühsame Arbeit, diese Vorbelastungen wieder abzubauen, kommt danach."

Quellen: Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg, Kurzfassung des Jahresberichts 2021 als Pressemitteilung: www.hamburg.de; Beratende Äußerung Haushaltslage 2020/2021: www.hamburg.de

Hinweis: Für Vollständigkeit, Fehler redaktioneller und technischer Art, Auslassungen etc. sowie die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben kann der VHSt keine Haftung übernehmen.

Autor: VHSt
Fotos: (c) Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg

HBZ · 04/2021
 
Weitere Meldungen:

Geschichten aus Hamburgs Geschichte

Das Chilehaus

Ikone des Backsteinimpressionismus: Das Chilehaus wurde vor 100 Jahren fertiggestellt...
HBZ · 3/2024
 

Nachwuchsnetzwerk zu Besuch

Neujahrsfeier YouNet

Auch in diesem Jahr fand die Neujahrsfeier des Nachwuchskräftenetzwerks YouNet in den Räumlichkeiten des Vereins Hamburger Staatsbeamten r. V. statt....
HBZ · 3/2024
 

Erfolgreichster Bildungsminister Deutschlands tritt ab

Schulsenator a. D. Ties Rabe

Es ist mehr als ungewöhnlich, dass ein scheidender Bildungsminister mit Lob überhäuft wird....
HBZ · 3/2024
 

Ihr Recht in der Praxis

Schlechte Bewertung - was tun?

Heute möchte ich Ihnen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema "Beurteilung" vorstellen (Urteil des 2. Senats vom 12. Oktober 2023, Aktenzeichen 2 A 7.22) - ...
HBZ · 3/2024
 

Das Netzwerk des Führungsnachwuchses

Die Ratten-AG

Sie nennen sich selbst "Ratten". Es zeugt von Selbstbewusstsein und Humor, sich nach Tieren zu benennen, die viele eher als Schädlinge betrachten würden. Dabei gelten die Nager zugleich ...
HBZ · 3/2024
 

Keine Angst vor dem Finanzamt

Einkommenssteuerberatung des VHSt

Der erfahrene Steuerberater Jörg Hahn berät alle Mitglieder des Vereins Hamburgischer Staatsbeamten kompetent rund um das Thema Steuererklärung - kostenlos. Fu...
HBZ · 3/2024
 
 
 
 

TOP