VHSt - Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
 
Aktuelle Ausgabe
Titelfoto: © Ansicht des Chilehauses (c) stahlpress

Das Mitgliedermagazin

Hamburgische Zeitschrift für den öffentlichen Dienst

 

Mitglied werden

Profitieren Sie von der Mitgliedschaft im VHSt. Einfach ausdrucken und ausgefüllt an uns senden.

 

BESONDERE VERANSTALTUNGEN


 

Top-Themen

Norddeutsche Kultinstitution in Sachen Bier

Die Geschichte der Holsten-Brauerei


Den kultigen Holsten-Ritter, der die Bierflaschen und -dosen sowie alle Merchandiseartikel der bekannten Biermarke ziert, kennt hierzulande wohl jeder.

Foto oben: In der ursprünglichen Holsten-Brauerei in Altona wurde seit 1880 Bier gebraut, Foto: © Carlsberg Deutschland GmbH/Holsten-Brauerei AG

Die spannende Unternehmensgeschichte der Holsten-Brauerei Aktiengesellschaft ist eng mit unserer Stadt verwoben und geprägt von wirtschaftlichen Höhenflügen, großem Expansionswillen, Krisenzeiten und einem typisch hanseatischen Stehaufcharakter.

Der erste Sud aus Altona

Im Mai 1879 gründete sich im Stadtteil Altona das Brauereiunternehmen Holsten. Ziel war es, zunächst Altona und das nahe Hamburg mit einem qualitativ guten Bier nach Pilsener Brauart zu beliefern. Dieses Bier hatte seinen Ursprung Mitte des 19. Jahrhunderts im böhmischen Pilsen. Aufgrund der frischen Zutaten, bestehend aus Gerste, aromatischem Hopfen und weichem Wasser, sowie des zügigen Vertriebs war das Pilsener Bier äußerst mild im Geschmack. Um dem in Altona gebrauten Bier eine persönliche und unverwechselbare Note zu geben, setzten die Braumeister auf einen etwas kräftigeren Hopfen. Das härtere Hamburger Wasser tat ein Übriges dazu und rund ein Jahr nach der Gründung wurde der erste Sud der Holsten-Brauerei angesetzt. Das Bier zeichnete sich durch einen leicht herben Geschmack mit einer feinen Hopfennote und einer angenehmen Frische aus. Die Holsten waren übrigens ein nordelbischer Sachsenstamm, der im Mittelalter auf dem südlichen Gebiet Schleswig-Holsteins in der Gegend von Schenefeld lebte. Mit dem Holsten-Bier war also ein durch und durch norddeutsches Pils geboren. Die erste Verkostung wenige Tage vor der offiziellen Eröffnung der Brauerei soll begeistert aufgenommen worden sein und den Charakter eines Volksfests gehabt haben.

Bierkutschen im ständigen Einsatz

Die Wege zu den lokalen Abnehmern waren kurz. Bereits innerhalb der folgenden 25 Jahre gelang es dem Unternehmen, zum führenden Bierbrauer für den gesamten Hamburger Raum aufzusteigen. Durch die sich in jenen Tagen immer weiter ausbreitende gute Infrastruktur in Form eines zunehmenden Schienennetzes, eines eigenen Bahnhofs und der Nähe zum Hamburger Hafen braute man in der Holsten-Brauerei auch relativ schnell ein Export-Bier, das den Anforderungen an eine längere Haltbarkeit entsprach. Der Bahnhof Holstenstraße wurde 1893, also 20 Jahre nach Eröffnung der Brauerei, fertiggestellt. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Holsten-Brauerei ein gewachsenes, finanzstarkes Unternehmen, das einen zügigen Expansionskurs auf regionaler Ebene anstrebte. Auch das Exportgeschäft war ein wichtiger Bestandteil geworden. Zu diesem Zweck gründete man im Jahr 1903 im Londoner Stadtbezirk Wandsworth die Zweigstelle Holsten Brewery Limited.


Die Belegschaft der Holsten-Brauerei anlässlich des 25. Jubiläums im Jahr 1905, Foto: © Carlsberg Deutschland GmbH/Holsten-Brauerei AG

Kriegswirren und Katastrophen zum Trotze

Kleinere Brauereibetriebe am Markt konnten nicht standhalten und wurden umgehend übernommen wie beispielsweise im Jahr 1909 die Brauerei Janssen aus Altona oder im Jahr 1914 die Vereinsbrauerei der Hamburg-Altonaer-Gastwirte, vormals Bergedorfer-Actien-Bierbrauerei-Gesellschaft, die überaus bekannt war durch ihr Lagerbier und die Exportmarke Bergdorf Beer. Im gleichen Jahr, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, gelang es der Brauerei, das Wortzeichen Holsten Edel eintragen zu lassen. Mit dem Krieg kamen Exportverbote, Mitarbeiter an der Front, von denen viele nicht zurückkehrten, und ein Rohstoffmangel, der viele Brauereien in die Knie zwang. Statt aufzugeben, setzte Holsten alles auf eine Karte und expandierte, indem das Unternehmen drei Brauereien übernahm. Altona, Neumünster und Kiel wurden fortan die Produktionsstätten für Holsten-Bier.

Mit diesem Kämpfergeist überstand die Holsten-Brauerei auch die folgende Inflation und den Zusammenbruch der Börse am Black Friday im Jahr 1929 und verkaufte mittlerweile im ganzen Norden mehr denn je. Durch das Groß-Hamburg-Gesetz im Jahr 1937 wurde Altona zum Teil Hamburgs und die Holsten-Brauerei AG zum Hamburger Unternehmen. Der Zweite Weltkrieg mit seinen Lieferengpässen und Bombardements zwang die Brauerei, deren Sudhäuser, Lager und Abfüllanlagen weitestgehend zerstört wurden, beinahe in die Knie.

Bier mit Kultstatus

Trotz geringerem allgemeinem Bierkonsum gelang es der Brauerei mithilfe von sehr viel Engagement ihrer Mitarbeiter, nach dem Wiederaufbau und einer komplexen Modernisierung schnell wieder in die Marktführerposition im Norden zu gelangen. Die Marke Holsten Edel wurde zum Bier des "kleinen Mannes". Die markanten, bauchigen 0,33-Liter-Knollen wurden zum Inbegriff der norddeutschen "Buddel-Bier". Von der Nachkriegszeit bis in die 1980er-Jahre prägten sich Slogans wie "Holsten knallt am dollsten" oder "Holsten Edel heißt mein Mädel".

In Kiel wurde das Export gebraut. Auch lange Jahre nach Schließung des Kieler Standorts wird es nahezu exklusiv für den norddeutschen Raum produziert und dort immer noch getrunken. Die wirkliche Innovation gelang der Holsten-AG bereits im Jahr 1952: Über Nacht revolutionierte die Brauerei den Markt, indem sie das beliebte Pilsener in die seinerzeit völlig neuartigen Halbliterdosen abfüllte. Die ohnehin schon starke Kundenbindung wurde durch das Kultprodukt Holsten-Pilsener-Halbe-Liter-Dose ("Hopihalido") noch intensiviert.

Fußballsponsoring beim HSV brachte die Marke Holsten mit dessen Meisterschaftssieg im Jahr 1960 in Verbindung. Besonders die Brauereiproduktion aus Neumünster wurde aufgrund der guten Wasserqualität und des frisch-würzigen Geschmacks sehr geschätzt und konnte sich, nicht zuletzt durch die Jazz- und Rockfans der 60er- und 70er-Jahre, sogar milieuübergreifend durchsetzen.


Die Eröffnung der neuen Brauerei in Hamburg-Hausbruch im Jahr 2019, Foto: © Carlsberg Deutschland GmbH/Holsten-Brauerei AG

Expansionen, Übernahmen und Fehler

In den folgenden Jahrzehnten strebte der Brauereikonzern mit intensivem Marketing und Vertrieb im großen Umfang die Marktführerposition im gesamten Bundesgebiet an. Überall in Handel und Gastronomie war Holsten präsent. Die Brauerei verstärkte das Engagement in England und übernahm zahlreiche weitere Brauereien in ganz Deutschland, darunter beispielsweise die Bill-Brauerei, die das beliebte Moravia Pils vertrieb, die Kaiser-Brauerei in Hannover und die Feldschlößchen Brauerei AG.

Ende der 1980er-Jahre wurde der Brauereibetrieb in der Produktionsstätte Neumünster eingestellt, die Schließung des Werks in Kiel erfolgte 1994. Eine weitere Ausweitung im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung ergab die Übernahmen von Brauereien wie Lübz in Mecklenburg oder der Sächsischen Brau Union. Holsten begann mit der Präsentation neuer Marken wie Duckstein oder dem Lizenzbrau der australischen Marke Foster's. Nach der Übernahme des einzigen Hamburger Marktkonkurrenten Bavaria (Astra Bier) und dem Erwerb der Duisburger König-Brauerei war das Unternehmen selbst anfällig gegenüber Mehrheitsbeteiligungen geworden. Entscheidungen wie eine Erweiterung der Abfüllkapazitäten bei Dosen- und PET-Flaschen-Bier wurden durch die Einführung des Pfandes im Jahr 2003 zur Fehlinvestition.

Neustart mit altem Wappen unter neuer Flagge

Im Jahr 2004 gelang dem heute weltweit viertgrößten Brauereikonzern Carlsberg aus Dänemark die etwas unerwartete Übernahme des Hamburger Traditionshauses, das 2014 formell als deutsches Tochterunternehmen neu aufgestellt wurde. Einige zuvor übernommene Brauereien wurden wieder verkauft, Standorte geschlossen und die Holsten- Brauerei wurde gesundgeschrumpft. Heute gehören die Marken Holsten, Carlsberg, Astra, Duckstein, Grenzquell, Lübzer, Lüneburger und Moravia zum Konzern. In Deutschland gibt es außer Hamburg nur noch in Lübz einen weiteren Standort. Die Produktion verlagerte sich im Jahr 2019 von dem traditionellen Brauereigelände an der Holstenstraße mit seiner im Jubiläumsjahr 140-jährigen Geschichte in eine neue moderne Anlage in Hamburg-Harburg im Bezirk Hausbruch.

Die Abrissarbeiten für die Entstehung eines neuen Altonaer Wohnviertels auf dem alten Gelände der Holsten-Brauerei sollen noch diesen Frühling beginnen. Nach einem durch Brandstiftung verursachten Brand hatte das Gebäude im letzten Jahr schweren Schaden genommen. Rund 1.500 Wohnungen, Büro- und Geschäftsräume wie für Supermärkte und Einzelhandel - alles mit begrünten Dächern - sowie ein 3.000 m² großer Handwerkerhof und Tiefgaragen sind geplant. Auch die Verwaltung der Brauerei wird dann wieder an die Wiege der Holstenbrauerei zurückziehen.

Quellen: Carlsberg Deutschland GmbH/Holsten-Brauerei AG, Hamburg-Aktuell, Bier-Fibel: bier-fibel.de, Im Norden No. 1, Dossier der Stiftung Historische Museen Hamburg; Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/Holsten-Brauerei; Carlsberg A/S: carlsbergdeutschland.de; Koch-Wiki: kochwiki.org/wiki/Bier:Holsten_Brauerei; Bezirk Altona: hamburg.de

Fotos: Holsten-Brauerei im Jahr 1929: © Staatsarchiv Hamburg 720-1/151-3=7/126, alle weiteren: © Carlsberg Deutschland GmbH/Holsten-Brauerei AG

Bildergalerie
Zum Vergrößern Bild anklicken.
Bild vergrößern
Bild vergrößern
Bild vergrößern
Bild vergrößern
Bild vergrößern
Bild vergrößern

Autor: VHSt

HBZ · 04/2021
 
Weitere Meldungen:

Geschichten aus Hamburgs Geschichte

Das Chilehaus

Ikone des Backsteinimpressionismus: Das Chilehaus wurde vor 100 Jahren fertiggestellt...
HBZ · 3/2024
 

Nachwuchsnetzwerk zu Besuch

Neujahrsfeier YouNet

Auch in diesem Jahr fand die Neujahrsfeier des Nachwuchskräftenetzwerks YouNet in den Räumlichkeiten des Vereins Hamburger Staatsbeamten r. V. statt....
HBZ · 3/2024
 

Erfolgreichster Bildungsminister Deutschlands tritt ab

Schulsenator a. D. Ties Rabe

Es ist mehr als ungewöhnlich, dass ein scheidender Bildungsminister mit Lob überhäuft wird....
HBZ · 3/2024
 

Ihr Recht in der Praxis

Schlechte Bewertung - was tun?

Heute möchte ich Ihnen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema "Beurteilung" vorstellen (Urteil des 2. Senats vom 12. Oktober 2023, Aktenzeichen 2 A 7.22) - ...
HBZ · 3/2024
 

Das Netzwerk des Führungsnachwuchses

Die Ratten-AG

Sie nennen sich selbst "Ratten". Es zeugt von Selbstbewusstsein und Humor, sich nach Tieren zu benennen, die viele eher als Schädlinge betrachten würden. Dabei gelten die Nager zugleich ...
HBZ · 3/2024
 

Keine Angst vor dem Finanzamt

Einkommenssteuerberatung des VHSt

Der erfahrene Steuerberater Jörg Hahn berät alle Mitglieder des Vereins Hamburgischer Staatsbeamten kompetent rund um das Thema Steuererklärung - kostenlos. Fu...
HBZ · 3/2024
 
 
 
 

TOP