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Der historische Flugplatz Altona-Bahrenfeld

Altonas Traum vom Luftverkehr

Luftaufnahme des Areals des Flugplatzes Altona-Bahrenfeld aus dem Jahr 1930, während einer Flugshow, Foto: (c) DESY
Luftaufnahme des Areals des Flugplatzes Altona-Bahrenfeld aus dem Jahr 1930, während einer Flugshow, Foto: (c) DESY

Selbst viele alteingesessene Hamburger wissen nicht, dass die Hansestadt einst über mehrere Flugplätze verfügte.

Einer davon ist der Flughafen Altona-Bahrenfeld, der sich neben dem größeren Bruder in Fuhlsbüttel in vergangener Zeit anschickte, den Flugbetrieb im Großraum Hamburg entscheidend mitzuprägen. Beim historischen Rückblick wird klar, wie sich die Geschehnisse entwickeln konnten. Eine spannende Zeitreise gibt außergewöhnliche Details preis.

Die Pionierzeit der Fliegerei

Um die damaligen Gegebenheiten erläutern zu können, müssen die zeitgeschichtlichen Zusammenhänge dargestellt werden. Zur Pionierzeit der Luftfahrt und Fliegerei war Altona eine eigenständige Stadt. Im 16. Jahrhundert kam es oft zu Auseinandersetzungen mit der Hansestadt Hamburg. Unter dem Einfluss der Grafschaft von Schauenburg und Holstein-Pinneberg gelangte Altona später unter die Herrschaft des dänischen Königreichs, das dem Ort im Jahr 1664 das Stadtrecht verlieh. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts war Altona nach Kopenhagen die zweitgrößte Stadt der dänischen Staatsverwaltung. Die einstige Handwerker- und Fischersiedlung wurde zum Zentrum der Aufklärung und des technischen Fortschritts. Erst mit der Machtübernahme der Preußen und schließlich zur Krönung Kaiser Wilhelms des Ersten wurde Altona Bestandteil des Deutschen Reichs.

Nur wenige Jahre vor Beginn des Ersten Weltkrieges begannen die Hamburger Stadtverantwortlichen in Fuhlsbüttel mit dem Bau einer Luftschiffhalle. Außerdem diente der Flughafen als Basis für die ersten Marineflieger. Auf einer Freifläche in Altona-Bahrenfeld, gelegen zwischen der Notkestraße und der Trabrennbahn, landeten zuweilen einige Ballonfahrer und vereinzelte Sportflieger. Der allererste nahezu regelmäßige Flugverkehr über dem Hamburger Himmel bestand überwiegend aus Militärmaschinen, die zumeist auf einem Flugfeldplatz mit anliegendem Kasernengelände in Wandsbek, damals ebenfalls noch eine eigenständige Gemeinde, landeten. Die Trabrennbahn Bahrenfeld oder die angrenzende Freifläche dienten zu jener Zeit auch als sensationsgeladene Veranstaltungsflächen für die ersten Schauflüge, bei denen waghalsige Piloten die staunende Menge begeisterten.

Wasser oder Feld?

Den Beschluss, einen regulären Flugplatz zu errichten, fassten die Altonaer Stadtverantwortlichen nach dem Ersten Weltkrieg. 1925 wurden dann auch gleich zwei Flugplatzprojekte in Altona in Angriff genommen. An den Landungsbrücken, auf Höhe des heutigen Lokals Brücke 10, wurde im August 1925 der Altonaer Wasserflughafen eröffnet. Er bestand nur aus einem hölzernen Ponton und einem Kartenhäuschen. Drei Wasserflugzeuge führten den Linienverkehr durch. Sie konnten maximal vier Personen, leicht verderbliche Lebensmittel wie Fisch, Zeitungen sowie Briefe und kleine Pakete der Reichspost befördern. Die Verbindung zwischen Altona, Magdeburg und Dresden war die zweite Wasserfluglinie auf dem Kontinent. Nachdem die Luftpostbeförderung im November wieder eingestellt wurde und sich nicht genügend Fluggäste fanden, wurde die mittlerweile schon technisch überholte Wasserfluglinie im Herbst 1926 eingestellt. Das zweite Flugplatzprojekt, der Altonaer Flugplatz, war da schon vielversprechender.

Das Flugfeld mit dem Buchstaben A aus dem Wort 'Altona' zwischen 1934 und 1939, Foto: (c) Staatsarchiv Hamburg
Das Flugfeld mit dem Buchstaben A aus dem Wort 'Altona' zwischen 1934 und 1939, Foto: (c) Staatsarchiv Hamburg

Altonas große Pläne

Altona sollte zum Knotenpunkt der Luftverkehrsverbindungen zwischen Altona, Husum, Kiel und Flensburg mit Anschluss an die Nordseebäder werden. Zunächst im Südwesten der Luruper Chaussee, zwischen dem Volkspark und dem heutigen Lise-Meitner-Park entstand ein 35 Hektar großes Areal, das später auf 150 Hektar erweitert werden sollte. Die städtischen Kollegien Altonas bewilligten 250.000 Reichsmark für den Hallenbau und die Herrichtung des Flugplatzes und 1928 wurde die Fliegerhorst Nordmark GmbH gegründet. Die Start- und Landebahn wies einen Sandboden mit bewachsener Grasnarbe auf. Anders als auf dem moorigen Boden des Flugplatzes in Hamburg-Fuhlsbüttel war die Gefahr von Nebel also gering. Die das Areal umgebenen Grünflächen verhinderten eine Rauchbeästigung der Anwohner. Lediglich auf der Südseite standen einige Kasernengebäude und im Osten die Fabrikationsstätten des Zigarettenherstellers Reemtsma sowie der Schokoladenmanufaktur Gartmann. Auf dem Flugfeld der Anlage prangte selbstbewusst ein riesiges, mit weißen Kieseln ausgelegtes A für Altona. Für eine kurzgehaltene Graspiste sorgte eine Schafherde.

Im August war der Flugplatz so weit ausgebaut, dass er als Verkehrsflughafen angesehen werden konnte. Das Ministerium für Handel und Gewerbe erkannte diesen Status jedoch nicht an und sah den Altonaer Flugplatz lediglich als Notlandeplatz. Es war nicht vorgesehen, den Flughafen Altona- Bahrenfeld in eine Wettbewerbskonkurrenz mit Hamburg-Fuhlsbüttel zu stellen. Zum einen sollte die Anlage eher der Sportfliegerei dienen und zum anderen benötigten die an der Elbe liegenden Junkers-Werke ein Provisorium für ihre Flugzeuge und die angestrebte Linienverbindung nach Dresden.

Eröffnung unter NS-Flaggen

Die offizielle Eröffnung des neuen Flughafens zog sich bis in den Sommer des Jahres 1934. Inzwischen hatten die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler die Macht übernommen und nutzen die Feierlichkeiten im politisch links orientierten Altona für ihre Pläne. Zum Zwecke der "wehrsportlichen Ausbildung und Erziehung der deutschen Jugend" übergab der damalige Oberbürgermeister Emil Brix den Flugplatz an den Deutschen Luftsportverband, Flieger-Landesgruppe 3 Nordmark, einen 1933 von der NSDAP gegründeten Verein, der offiziell der nationale Dachverband für den Luftsport war und inoffiziell dem Aufbau der Luftwaffe diente. Als deklarierte Volksveranstaltung mit reichlich NS-Fahnenschmuck und in Begleitung des Musikzuges der Flieger-Landesgruppe Nordmark dankte Brix vor rund 30.000 Zuschauern dem Kommandeur der Fliegergruppe von Bülow, dass er mit seinen 25 Flugzeugen nach Altona gekommen sei. Anschließend erfolgte die obligatorische Schlüsselübergabe der neuen Fluganlage und des Hangars.

Das werbewirksame Eröffnungsprogramm der Nationalsozialisten sollte in keinem Fall anderen Großveranstaltungen nachstehen. Waren die Verantwortlichen der NS-Riege zwar hinter den Kulissen augenscheinlich enttäuscht, dass sich die fertiggestellten Ausbauten des Flughafens Altona-Bahrenfeld auf ein Minimum beschränkt hatten und die erforderliche Infrastruktur nur minimalen Ansprüchen genügte, so wurde die erste Flugshow als gigantisches Schauspiel in Szene gesetzt. Segelflugzeuge und Ballons kreisten am Himmel, bunte Girlanden wurden auf das Publikum abgeworfen und Fallschirmspringer setzten auf dem Flugfeld auf. Als krönender Höhepunkt zeigte Weltkriegslegende und Kampffliegerass Ernst Udet (1896-1941) mit einer 750-PS-Maschine tollkühne Akrobatikkunststücke. Das Ansinnen für die Zukunft waren ständig stattfindende "Flugtage" und die Etablierung des Sportflugbetriebes unter dem Dach des Deutschen Luftsportverbandes.

Abfertigungshalle und Halle des Flugplatzes Altona-Bahrenfeld zwischen 1934 und 1939, Foto: (c) Staatsarchiv Hamburg
Abfertigungshalle und Halle des Flugplatzes Altona-Bahrenfeld zwischen 1934 und 1939, Foto: (c) Staatsarchiv Hamburg

Wilhelm Simonsohn erinnert sich

Unser mittlerweile 102-jähriges Mitglied Wilhelm Simonsohn erinnert sich in seiner Biografie Ein Leben zwischen Krieg und Frieden an seine Kindheit in der an den Flugplatz angrenzenden Siedlung Steenkamp. Udets atemberaubende Luftakrobatik im Doppeldecker blieb ihm dabei ebenso im Gedächtnis wie die Shows und Missgeschicke der anderen Piloten der regelmäßig stattfindenden Flugsportveranstaltungen: "Das war […] zu einer Zeit deutlich diesseits der Schallmauer, als es sich ein Pilot noch erlauben konnte, unversehrt in einer Baumkrone an der Luruper Chaussee zu 'landen', in der er mit seiner 'Klemm' (Holzbauweise) beim Start in Folge eines Triebwerksdefektes unfreiwillig geraten war. Der Aeroplan hatte sich weitgehend in seine Bestandteile zerlegt. Vorschriftsmäßig waren die sogenannten Sollbruchstellen (Rumpfende, Tragflächen, Triebwerksaufhängung) in Funktion getreten. Der Aviateur saß geschockt, aber wohlbehalten im verbliebenen Rest des Flugzeugs hoch oben in der Baumkrone. Die Feuerwehr holte ihn mit einer Magirusleiter auf den Boden der Tatsachen zurück."

Vom Luftsport-Flugplatz in die Vergessenheit

Den großen Ankündigungen und Plänen der Nationalsozialisten folgte wie bei vielen anderen Großprojekten, die für Altona vorgesehen waren, zunächst nahezu nichts. Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz wurde 1937 die Selbstständigkeit Altonas beendet. Es folgte die Eingliederung in die Hansestadt, die nur ein geringes Interesse am Flughafen Altona-Bahrenfeld zeigte. Mit dem kurz darauf folgenden Beginn des Zweiten Weltkrieges beschränkte sich die Nutzung des Altonaer Flugfeldes fast nur noch auf militärische Zwecke.

Ab September 1945 sammelte die britische Besatzungsmacht hier und auf der Trabrennbahn ihre defekten Militärfahrzeuge und nutzte die Fläche als Baugrund für die Errichtung von Notunterkünften für Flüchtlinge. Zwischen 1948 und 1949 entstand an der Elbe vor Altona kurzweilig wieder ein Wasserflughafen, von dem aus die Briten mit ihren Flugbooten Typ "Sunderland" während der russischen Berlinblockade die Westberliner Bevölkerung versorgten. Das ehemalige Altonaer Flughafengelände jedoch geriet in Vergessenheit. Zwei Flughallen wurden ab den 1960er-Jahren zu Speditionsgebäuden umgebaut. Es entstand der Lise-Meitner-Park. Der Großteil des ehemaligen Flugplatzgeländes ist heute Bestandteil der Forschungseinrichtung DESY (Seiten 14 und 15 dieser HBZ).

Quellen: Als Altona das Luftkreuz des Nordens werden sollte von Hans-Günter Schmidt; Ein Leben zwischen Krieg und Frieden von Wilhelm Simonsohn, Hamburg 2011; Altona im Dritten Reich, Zur Geschichte des Flugplatzes Altona-Bahrenfeld, Dokumentation des Altonaer Stadtarchivs, von Wolfgang Vacano, 2010

Fotos: Flugplatz Altona-Bahrenfeld Abfertigungshalle und Halle zw. 1934 und 1939 © Staatsarchiv Hamburg; Flugfeld mit Buchstaben A zw. 1934 und 1939 © Staatsarchiv Hamburg; Luftaufnahme des Flugplatzgeländes © DESY


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Autor: VHSt

HBZ · 10/2021
 
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