Hamburgs Partnerstädte
Prag - die goldene Stadt
Blick über Prag, Foto: (c) Jakub Hruska
Im April jährte sich zum dreißigsten Mal die städtepartnerschaftliche Vereinbarung zwischen Hamburg und der Hauptstadt der Tschechischen Republik.
Viele der geplanten Feierlichkeiten und Veranstaltungen konnten aufgrund der immer noch anhaltenden COVID- 19-Pandemie nicht stattfinden. Anlass, das besondere Jubiläum der städteverbindenden Partnerschaft hervorzuheben, gibt es aber dennoch.
Unter den neun Partnerstädten Hamburgs ist Prag die einzige Hauptstadt. Die Stadt am Bogen der Moldau hat wie Hamburg eine ereignisreiche, bewegende Vergangenheit und ist wie die Hansestadt ebenfalls Millionenmetropole. Auch der Prager Lebensalltag richtet sich nach dem Rhythmus eines großen Flusses und zieht seine Wurzeln aus vielen historischen Ereignissen. Als touristische Hochburgen zählen beide Städte zu den meistbesuchten Orten in Europa. Eine breite Basis und gute Beziehungen veranlassten Hamburgs Ersten Bürgermeister Henning Voscherau und seinen tschechischen Amtskollegen Jaroslav Kor¡án am 19. April 1990 dazu, die städtepartnerschaftliche Erklärung zu unterzeichnen.
Stadt der Hundert Türme
Prag hat zwar nicht so viele Brücken wie Hamburg, aber etliche Türme prägen das Bild der "goldenen Stadt" an der Moldau. Als geschichtlich verwurzelte Hauptstadt Böhmens und Residenz der Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sind auch die deutschen Spuren vom Geschlecht der Limburg-Luxemburger sowie der Habsburger tief in den mittelalterlichen Stadtmauern verankert. Unter der Regentschaft von Karl IV. genoss Prag bereits im 14. Jahrhundert eine kulturelle und politische Vormachtstellung in Europa. Hier gründete sich die erste mitteleuropäische Universität und die Bildung genoss stets einen hohen Stellenwert. Der Fenstersturz im Jahr 1618 entfachte den Dreißigjährigen Krieg und im Prager Frühling versuchte Alexander Dubcek, demokratische Reformen durchzusetzen, um dem Sozialismus Menschlichkeit einzuhauchen, bevor Truppen des Warschauer Paktes diese Bestrebungen gewaltsam niederschlugen.
UNESCO-Weltkulturerbe
1989 gelang es dem späteren Präsidenten Vaclav Havel, die Mauern der sozialistischen Moskauer Bruderherrschaft zu durchbrechen und im Rahmen der friedlichen "samtenen" Revolution demokratische Grundprinzipien zu etablieren. Am Neujahrstag 1993 wurde die damalige Tschechoslowakei aufgelöst und die heutige Tschechische Republik ausgerufen. Mit dem Neubeginn, der westlichen Ausrichtung und der Mitgliedschaft in NATO sowie Europäischer Union vollzog sich der Wandel, der nicht immer unproblematisch war. Heute strömen jährlich etwa fünf Millionen Besucher in die Stadt, deren altehrwürdiges Zentrum zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Das im Laufe der letzten Jahrzehnte liebevoll restaurierte, geschlossene Stadtbild ist geprägt vom Baustil der Gotik und des Barock. Prag wartet mit über 1.000-jähriger ereignisreicher Historie auf, die bis auf das 9. Jahrhundert zurückgeht, als sich zu beiden Seiten der Moldau im Schutze der Prager Burg Handwerker und Kaufleute ansiedelten.
Prag im Winter, Foto: (c) Julius Silver
Schatzhaus der Kunst und Architektur
Die touristische Infrastruktur ist umfangreich und fast allerorten gilt es unzählige Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Die Prager Burg ist das größte geschlossene Festungsbauareal der Welt. Als eine der ältesten Steinbrücken Europas führt die berühmte Karlsbrücke aus dem 14. Jahrhundert über die Moldau, und wer genau hinhört, kann die Klänge aus dem gleichnamigen Werk des Komponisten Bedrich Smetana vernehmen. An der Rückseite des Altstädter Rathauses prangt die weltweit bekannte astronomische Uhr aus dem Jahr 1410. Als mahnendes Beispiel für Leid, aber auch Versöhnung findet sich in der Josefstadt die älteste noch aktive und erhaltene Synagoge Europas. Sie steht auch für eine Epoche des friedvollen Zusammenlebens verschiedener Kulturen, Religionen und Volksgruppen, das für Prag über lange Zeiträume selbstverständlich war.
Bestrebungen der Partnerstädte
Die Selbstverständlichkeit in den Bestrebungen, gutnachbarliche Beziehungen zu pflegen und zu vertiefen, war eine treibende Kraft der Hamburger-Prager Partnerschaftsvereinbarung. Hierbei ging es zum einen um die Beziehungen des kurz vor der Wiedervereinigung stehenden Deutschlands mit der noch vorhandenen tschechoslowakischen Bundesrepublik und zum anderen um die spezifischen Belange der beiden Städte. Da auch das Hamburger Herz, die Elbe, in Tschechien entspringt, war die Förderung dieser Region ein gemeinsames Anliegen. Außerdem ging es um allerlei banale Probleme wie verwaltungstechnische Führungsaufgaben von Großstädten, Umweltschutz, Städtebau und Schaffung von notwendigen Infrastrukturen. Zudem vereinbarten die beiden Stadtverantwortlichen den stetigen Austausch in Kultur, Technik, Wissenschaft und Wirtschaft. Neben der Weiterentwicklung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds reiste auch Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher zum Jubiläum Ende August in die Partnerstadt an der Moldau.
Reger Passagierschiffverkehr auf der Moldau
Weniger Touristen bedeutet mehr für Einheimische
Die Corona-Pandemie traf Prag sehr hart. Die bis dahin boomende Tourismusbranche brach vom einen auf den anderen Tag weg und somit versiegte Prags Haupteinnahmequelle. Mehr als acht Millionen Touristen hatten im vergangenen Jahr Tschechiens Perle besucht. Die meisten davon bevölkerten die Altstadt von der Karlsbrücke bis zur Prager Burg. In diesem Bezirk leben gerade einmal 30.000 Einwohner und die Wohnungen sind für Einheimische unbezahlbar geworden, da sie über Ferienwohnungsportale zu horrenden Preisen an Touristen vermietet wurden. Die Prager fühlten sich fremd in der eigenen Stadt. Durch die neue Situation gab es einige Veränderungen: Gaststätten senkten die Preise, die Angebote stehen nun in Tschechisch und nicht mehr nur in Englisch auf den Tafeln und die Wohnungsmieten sanken auf ein Niveau, das sich auch die Einheimischen wieder leisten können. Natürlich hoffen alle auf ein baldiges Ende der Pandemie und der Lockdowns, aber ein paar Veränderungen, so hoffen die Prager, könnten gerne so bleiben.
Quellen: Stadtportal Hansestadt Hamburg/Hamburg. de, Hamburger Abendblatt, Tourismusportal Stadt Prag, Schottky: Prag wie es war und wie es ist, Meyers Lexikon, Schaller: Residenzstadt Prag, Wikipedia und Pressearchiv Hansestadt Hamburg, Deutsche Welle: Overtourism in Prag: Visionen für die Zeit nach Corona?
Fotos: Pixabay.com: Prag im Winter © Julius Silver, Prager Bibliothek © izoca, Blick über Prag © Jakub Hruška; restliche Fotos: Helge Rodewald
Bildergalerie
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Autor: VHSt
HBZ · 12/2020
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