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Titelfoto: © Ansicht des Chilehauses (c) stahlpress

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Schiffsbegrüßungsanlage Willkomm Höft

70 Jahre Völkerverständigung aus Tradition

Foto: (c) Das NEUE Schulauer Fährhaus und Willkomm Höft
Foto: (c) Das NEUE Schulauer Fährhaus und Willkomm Höft

Im Juni 1952 ertönte zum ersten Mal vom Willkomm Höft die Begrüßung eines Schiffes über die Elbe: 'Willkommen in Hamburg, wir freuen uns, Sie im Hamburger Hafen begrüßen zu dürfen.'

Seitdem wurden Hunderttausende Schiffe aus der ganzen Welt in den Seekarten als Welcome Point vermerkt, mit ihrer Nationalhymne begrüßt und verabschiedet. Dieses Jahr feiert Wedels Schiffsbegrüßungsanlage ihr 70. Jubiläum.

Mehr als 150 Nationalhymnen und Flaggen

Die Schiffsbegrüßungsanlage direkt an der Elbe wird täglich von durchschnittlich 50 "salutfähigen" Schiffen passiert. Salutfähig sind Schiffe, die mehr als 1.000 GT (Großtonnage) Tragfähigkeit besitzen. Der Gruß erfolgt auf Deutsch und in der Landessprache des Landes, unter dessen Flagge das Schiff fährt, mit der entsprechenden Nationalhymne. Der 40 Meter hohe computergesteuerte Stahlmast zeigt die Flagge Hamburgs, Schleswig-Holsteins und Deutschlands sowie die Landesflagge des Schiffs. Verlässt ein Schiff den Hamburger Hafen zur See, wird zusätzlich die Signalflagge UW gehisst. Das Signal UW steht für "Gute Reise!". Für diese Begrüßung wurden mehr als 150 Hymnen eingespielt, Flaggen angeschafft und Begrüßungen in den Landessprachen aufgenommen. Die meisten Schiffskapitäne bedanken sich mit dem Läuten des Schiffstyphons. Kleinere Schiffe werden zwar nicht ignoriert, bekommen aber nur ein Dippen der Flagge als Begrüßung.

Die schöne und weltweit einzigartige Zeremonie findet seit 1952 täglich kostenlos von 11:30 Uhr bis zum Sonnenuntergang statt und hat sich seit der Inbetriebnahme vom Willkomm Höft nicht verändert. Kein Wunder, dass sich die Anlage bei Hamburgern wie auch Touristen aus aller Welt großer Bekanntheit und Beliebtheit erfreut. Aber auch die Seefahrer schätzen diese schöne Würdigung und Tradition.

Das NEUE Schulauer Fährhaus und Willkomm Höft

Parnaßstraße 29
Telefon: (04103) 920 00
www.schulauer-faehrhaus.de


Gastronomiebetrieb 'Zur schönen Aussicht' im Jahr 1834, Foto (c) Stadtarchiv Wedel
Gastronomiebetrieb 'Zur schönen Aussicht' im Jahr 1834, Foto (c) Stadtarchiv Wedel

Vom Traum zur Hamburger Institution

Wo heute das Neue Schulauer Fährhaus steht, stand von 1543 bis 1864 einer der ältesten Bauernhöfe der Gegend, bis das heutige Gebäude ebenfalls als Bauernhof erbaut wurde. Der Hamburger Gastronom Otto Friedrich Behnke erfüllte sich damals mit der Schiffsbegrüßungsanlage und der angeschlossenen Gastronomie, die schon zuvor im Schulauer Fährhaus betrieben wurde, einen Kindheitstraum. Das erste Schiff, das abgelesen von einer handschriftlichen Karteikarte mit allen Ehren begrüßt wurde, war der Stückgutfrachter AKAGI MARU II der japanischen Reederei NYK-LINE. Seitdem haben sich zwischen 17.000 und 18.000 Schiffskarteikarten angesammelt. Ausgefallen ist die Schiffsbegrüßungsanlage nur während der zwei großen Sturmfluten der Jahre 1962 und 1976. Beide Male musste Willkomm Höft zu großen Teilen danach wieder neu aufgebaut werden.

Als Behnke 1964 starb, übernahmen seine drei Söhne Uwe, Michael und Tycho Behnke den Betrieb. 2011 wurde der Hamburger Gastronom René Schillag der neue Betreiber und verpasste der Anlage eine mehrere Millionen Euro teure Sanierung, bevor sie 2012 wiedereröffnet wurde. 2021 wurde das Anwesen an E. B. Immobilien, eine Firma des Block-House-Gründers Eugen Block, verkauft. Doch dabei handelte es sich nur um einen Eigentümerwechsel des Objekts. Schillag bleibt der Pächter und das Konzept von Willkomm Höft und dem Neuen Schulauer Fährhaus unverändert.

Genießen, lernen und entspannen

Die meisten Besucher der Schiffsbegrüßungsanlage verbinden ihren Aufenthalt mit einer Einkehr im Restaurant Neues Schulauer Fährhaus, im Biergarten oder in der Fischbude. Bei Kaffee, Kuchen, Kaltgetränken, typisch norddeutschen Gerichten, Pasta oder einem Fischbrötchen gibt es weitere Informationen auch ohne die steife Brise auf dem Ponton. Die Begrüßungskapitäne informieren die Gäste des Restaurants über die Größe der Schiffe, die Ladung, Besatzung und Routen. Zusätzlich gibt es viele Details der Hamburger Seefahrergeschichte und für Kinder eine spannende Schatzkiste, die laut Wolfgang Adler, einem der Begrüßungskapitäne, für Kinder jeder Herkunft ein Highlight ist.

Begrüßungskapitän: in Tradition verankert

Wolfgang Adler jobbte schon als zwölfjähriger Steppke nach der Schule am Willkomm Höft. Damals arbeitete der Wedeler den Begrüßungskapitänen zu, die dann die Ansagen machten. Seine Aufgabe war es, auf der Pontonbrücke mit einem Fernglas nach Schiffen Ausschau zu halten. Kam eines, rannte er zum Kapitän und nannte ihm den Namen des Schiffs, damit dieser die Flagge, Nationalhymne und Karteikarte heraussuchen konnte, um es zu begrüßen. Danach ging es zum Flaggenmast, um die Flagge per Hand zu dippen.

Nach der Schule hörte Adler bei der Schiffsbegrüßungsanlage auf und machte eine Ausbildung als Speditionskaufmann in einer Seehafenspedition. Die eine Tageshälfte verbrachte er beim Abfertigen der Schiffe im Hamburger Hafen und die andere mit Büroarbeiten im Kontor. Nach der Lehre arbeitete er fast 40 Jahre als Logistikleiter bei einer großen Druckerei, bevor er in den Ruhestand ging. Die Seefahrt ließ ihn nie los und er befuhr ausgestattet mit mehreren Patenten auf großen Segelschiffen alle Weltmeere "außer dem chinesischen, da war ich nie", wie er sagt. Eines Tages zappte er sich durch das Fernsehprogramm und blieb bei einem N3-Bericht über das Schulauer Fährhaus hängen. Das ließ ihn nicht los und am nächsten Tag rief er dort an. "Wie es der Zufall wollte, hörte ein Begrüßungskapitän aus Altersgründen auf und ich konnte sofort anfangen", erinnert er sich. Das ist jetzt zwölf Jahre her und der 72-Jährige freut sich auf jeden Tag am Willkomm Höft und im Neuen Schulauer Fährhaus.

Begrüßungskapitäne wie Wolfgang Adler sind die Seele der Anlage
Begrüßungskapitäne wie Wolfgang Adler sind die Seele der Anlage

Akribische Alltagsaufgaben

Nachdem die Computer hochgefahren wurden, die mit Radarsystemen verbunden sind, gehört zu den täglichen Aufgaben eines Begrüßungskapitäns das Studieren des Hafenberichts, um zu sehen, welche Schiffe ein- und auslaufen. Auch die Inspektion des Flaggenmastes ist Teil der täglichen Routine. Das Pflegen der nach Schiffsnamen alphabetisch sortierten Karteikarten gehört ebenfalls zum Alltag. Kommt ein neues Schiff hinzu, erhält es eine eigene Karteikarte. Sinkt ein Schiff oder wird es abgewrackt, wird die Karte entfernt. Besitzerwechsel und andere Veränderungen werden wie früher auf der entsprechenden Karte vermerkt. Informationen bekommen die Begrüßungskapitäne durch das Schiffsregister, mit dem sie online verbunden sind. Heute können die Begrüßungskapitäne zur Not auch auf digitale Karteikarten zurückgreifen - falls mal eine falsch einsortiert ist.

Des einen Freud, des anderen Leid

Hinter einer Glasfront getrennt von der Besucherterrasse ist das Büro der Begrüßungskapitäne. Von hier aus werden von 11:30 Uhr bis Sonnenuntergang die Schiffe zeremoniell begrüßt und verabschiedet. Die Besucher erfahren Wissenswertes über die Schiffe, Ladung, Besatzung und Routen. "Manchmal bekommen wir auch Anrufe von den Schiffslotsen, über die wir uns immer besonders freuen. Fährt ein Schiff beispielsweise unter der liberianischen Flagge, würden wir es normalerweise mit der entsprechenden Flagge, Sprache und Hymne begrüßen. Informiert uns aber der Lotse, dass die komplette Mannschaft philippinische Staatsbürger sind, und fragt, ob wir es mit Philippinisch begrüßen und verabschieden können, machen wir das natürlich gern", sagt Adler. Als Dank hupen die Schiffe dann dreimal oder dippen ihre Flagge an Bord, was wiederum nicht nur die Begrüßungskapitäne, sondern auch die Gäste freut und gleich im Brückentagebuch eingetragen wird. Die Wedeler Anwohner freuen sich über den Rückgruß der Schiffe allerdings nur mäßig, weswegen lange nicht mehr jedes Schiff den Gruß erwidert.

Einzigartiges Zeichen der Völkerverständigung

Willkomm Höft ist in den Seekarten als Welcome Point vermerkt. Seeleute und Nautikfans auf der ganzen Welt kennen das Unikum in Hamburg-Wedel. Es ist zum Symbol für die Völkerverständigung geworden und weckt in den Gästen Fernweh. Viele Seeleute freuen sich besonders, wenn sie den Hamburger Hafen anlaufen. "Gäste erzählen uns Willkomm-Höft-Geschichten aus den entlegensten Ecken der Welt. Ein Gast aus Hamburg hatte mitten in den Anden eine Motorradpanne und sein peruanischer Helfer entpuppte sich als Seemann, der Hamburg und Willkomm Höft in guter Erinnerung hatte. Unsere Schatzkiste im Schulauer Fährhaus ist aber bei Kindern fast genauso berühmt. Letztens war ein kleiner Junge aus Santa Barbara in Kalifornien hier und bat, ob er mal in die Kiste schauen darf", erzählt Wolfgang Adler. "Ich wünsche mir, dass es noch viele weitere Generationen von Begrüßungskapitänen hier geben wird."

Fotos: Historische Bilder © Stadtarchiv Wedel, alle weiteren © Das NEUE Schulauer Fährhaus und Willkomm Höft

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Autor: Samira Aikas

HBZ · 06/2022
 
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